Die Wirkung der Eigenbluttherapie (PRP) ist umstritten, weil keine Studie diese hundertprozentig nachweise kann. Anwendung findet die PRP in der Schweiz trotzdem.
So setzt das Inselspital Bern Eigenblut zu therapeutischen Zwecken ein. Jacqueline Buchs ist dort Patientin. Bei ihr soll das Eigenblut dem genetisch bedingten Haarausfall entgegenwirken. Seit zwei Jahren lässt sie sich Spritzen setzen. Für sie sei es eine positive Sache, die ihr auch moralisch guttue.
Vertrauen ohne wissenschaftliche Evidenz
Am Universitätsspital Zürich wird evidenzbasierte Medizin grossgeschrieben. Trotzdem: Auch hier wird die Therapie mit dem eigenen Blut angeboten – unter anderem gegen Arthrose.
Ich vertraue einfach darauf, dass ich gutes Blut habe und dass es nützt.
Patientin Karin Brack hat Hüftarthrose. Sie probiert alles, um eine Operation möglichst lange hinauszuschieben und hofft, dass ihr eigenes Blut die Hüftschmerzen lindert. «Ich habe schon Akupunktur probiert, ich mache Übungen vom Osteopath. Also ich gebe mir schon Mühe, selber etwas zu machen. Aber ich fühle mich einfach «zu jung», um jetzt schon zu operieren», erklärt sie. Über die Wirksamkeit der Methode habe sie sich nicht wirklich informiert. «Ich vertraue einfach darauf, dass ich gutes Blut habe und dass es nützt», sagt sie.
Komplementär- oder Schulmedizin?
Die tatsächliche Wirkung der PRP bleibt unklar. Deshalb finden nicht alle Mediziner gut, dass Unispitäler Eigenbluttherapien anbieten – wie Edzard Ernst, emerierter Professor für Alternativmedizin der Universität Exeter (GB). Er ist ein Verfechter der evidenzbasierten und eine bekannte kritische Stimme in der Fachwelt.
Ernst hat selbst eine Studie über Eigenbluttherapie bei Neurodermitis durchgeführt. Er siedelt diese Therapie in der Komplementärmedizin an: «Zur konventionellen Medizin gehört es nicht, weil die Eigenbluttheorie aus der Naturheilkunde kommt und nicht gut mit Evidenz belegt ist.»
Patientenvertrauen trotz Datenlage
In der Schweiz dürfen nur Ärzte Eigenblutbehandlungen durchführen. Für die anwendenden Ärzte gehört die Eigenbluttherapie eindeutig zur Schulmedizin und verweisen auf die Studienlage. So sagt Phlipp Rossbach, Rheumatologe am Universitätsspital Zürich: «Es gibt die Datenlage, die natürlich nicht hundertprozentig sicher ist, aber wir können es gut vertreten. Und ich denke, die meisten Patienten vertrauen uns da auch.»
Auch Pierre de Viragh setzt die Eigenbluttherapie ein. Der Dermatologe vom Inselspital Bern sagt, dass durch viele Studien genügend Evidenz vorhanden sei. Aber er warnt auch: «Wenn ein Arzt die Eigenbluttherapie als Erstes empfiehlt, empfehle ich, aufzustehen und rauszugehen».
Tatsächlich finden Metaanalysen von Studien keine eindeutige Wirksamkeit. Edzard Ernst betont, dass es kaum unabhängige klinische Studien gibt, die die Wirksamkeit belegen würden. «Aus meiner Sicht ist die Evidenzlage so, dass die Eigenbluttherapie als Routinemethode nicht zu empfehlen ist, bei keiner Indikation.»
Dazu kommt: Eigenblutbehandlungen müssen Patienten selber bezahlen. Darum müsse mit man mit den Patienten sehr offen reden, erklärt De Viragh. «Ich informiere meine Patienten immer sehr offen. Man muss 2000 Franken auch mal in den Sand setzen können. Und wenn es sich gelohnt hat, dann ist das super – sonst hat man 2000 Franken umsonst ausgegeben.»