Es ist eine riesige Herausforderung: Bis in 27 Jahren darf die Schweiz unter dem Strich kein CO2 mehr ausstossen, wenn sie wie versprochen, die Pariser Klimaziele erreichen will. Das sei möglich, sagt Konstantinos Boulouchos, unterdessen emeritierter Professor und Energieexperte der ETH Zürich. Es sei möglich, aber man müsse es schnell und konsequent anpacken.
Wenn ein E-Auto 600 PS hat und 3 Tonnen wiegt, muss ich nicht denken, ich sei schön ökologisch unterwegs, nur weil ich elektrisch fahre.
Mit dem Ausstieg aus Öl und Gas und der Elektrifizierung der Autos sei es nicht getan. Wir müssten auch weniger Energie verbrauchen und wenn wir sie verbrauchen, dann so effizient wie möglich, so schreiben es die Autorinnen und Autoren in ihrem rund 60-seitigen Bericht . Boulouchos macht ein Beispiel aus dem Bereich des Verkehrs, der verantwortlich ist für mehr als ein Drittel der Treibhausgase: «Wenn ein E-Auto 600 PS hat und drei Tonnen wiegt, muss ich nicht denken, ich sei schön ökologisch unterwegs, nur weil ich elektrisch fahre.» Die meisten Elektroautos seien wie der Rest der Autos in der Schweiz: zu schwer. SUV's brauche es nicht, kleinere Autos täten es auch.
Synthetisches Kerosin aus dem Ausland
Doch das Auto ist nicht die einzige heilige Kuh, welche die Wissenschaftler antasten. Auch den Flugverkehr haben sie in ihre Berechnungen integriert, obwohl diese Emissionen in den internationalen Klimaverträgen bisher ausgeklammert wurden.
Schon heute macht das Fliegen fast 14 Prozent des Co2-Ausstosses des Schweizer Energiesystems aus, Tendenz steigend. Weniger fliegen sei Punkt Nummer eins, sagen die Wissenschaftler. Und jene Flüge, die unvermeidbar sind, müssten bis 2050 mit Co2-neutralem, künstlich hergestelltem Kerosin durchgeführt werden. Synthetisches Kerosin also, welches mithilfe von Ökostrom, also aus Solarenergie oder Windenergie gewonnen wird. Ökonomisch lasse sich das aber nur in sehr sonnigen Erdteilen herstellen, wie der arabischen Halbinsel, Afrika oder Südamerika. Die Gefahr einer noch grösseren Abhängigkeit von ausländischen Energielieferungen sehen die Studienautoren nicht. Dies, weil die heutigen fossilen Öl- und Gaslieferungen alle auf null abgebaut werden müssen.
«Autarkie ist eine Illusion»
Die Wissenschaftler haben auch modelliert, was es bedeuten würde, wenn die Schweiz bis 2050 Energie-autark werden würde – Also kein Strom-Import im Winter und zusätzlich eine inländische Produktion von synthetischem Kerosin. Dabei hat sich gezeigt. Das ist kaum möglich: Boulouchos sagt: «Autarkie ist eine Illusion – und zwar eine sehr kostspielige.»
Die Wissenschaftler empfehlen der Politik, den massiven Umbau des Energiesystems noch umfassender anzugehen als bisher: Es brauche im Inland breit abgestützte, klare Zwischenziele. Und zusätzlich müsse man bereits jetzt für die Beschaffung von synthetischen Kraftstoffen – um die die Schweiz nicht herumkomme – mit dem Ausland Verträge abschliessen und Infrastrukturen aufbauen. Sonst sei Netto-Null Co2 bis 2050 nicht erreichbar.