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Patrick Aebischer vor der ETH Lausanne.
Legende: Eine prägende und einprägsame Figur: Patrick Aebischer auf dem Campus der ETH Lausanne. Keystone/Jean-Christophe Bott

Amerika als Vorbild Wie Patrick Aebischer der ETH Lausanne zu Weltrang verhalf

Nach 17 Jahren als Präsident der Ecole Polytechnique in Lausanne tritt Patrick Aebischer ab. Wissenschaftsjournalist Stéphane Gabioud über seine Verdienste.

Im Gespräch

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Stéphane Gabioud hatte als Westschweizer Wissenschaftsjournalist oft mit Aebischer zu tun. Er moderiert die Wissenschaftssendung «CQFD» des RTS.

SRF: In den Westschweizer Medien wurde Patrick Aebischer anlässlich seines Abschieds in den höchsten Tönen gefeiert: Waren die Meinungen in der Westschweiz wirklich so einhellig euphorisch?

Stéphane Gabioud: Ich glaube, dass jetzt, wo Patrick Aebischer abtritt, bleiben für die meisten nur noch die besten Erinnerungen. Die meisten Romands sind sehr stolz auf das, was er aus der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) gemacht hat.

Was waren denn Patrick Aebischers Verdienste?

Aebischer hat in 17 Jahren aus einer sehr kleinen, fast schon provinziellen technischen Hochschule eine Hochschule gemacht, die weltweit hohes Renommee geniesst. Er hinterlässt eine gesunde Schule, die in internationalen Rankings einen sehr hohen Rang innehat.

Aebischer hat immer einen sehr starken und selbstständigen Charakter gehabt.

Und die Entwicklung der Hochschule hat eine Reihe sehr positiver Auswirkungen auf die Region gehabt. Viele Start-ups sind an der EPFL geboren und dadurch entstanden Arbeitsplätze.

Patrick Aebischer

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Patrick Aebischer
Legende: Wikimedia/Rama

Aebischer leitete seit 2000 die ETH Lausanne. Zuvor hatte er Medizin studiert und forschte als Neurowissenschaftler. Trotz anfänglicher Skepsis reformierte er die Hochschule. «Ein Mann, eine Marke» oder «der Architekt unserer Wünsche» – so lautet einige Schlagzeilen nach seinem Rücktritt.

Wie hat Patrick Aebischer die ETH Lausanne so gross gemacht?

Er ist von Anfang an mit sehr grossen Ambitionen an die Hochschule gekommen. Er hatte Ehrgeiz: die grössten amerikanischen Unis waren seine Vorbilder. Wenn er sich auf Französisch äusserte, gebrauchte er daher «en passant» immer wieder englische Audrücke.

Amerika als Vorbild hiess für Patrick Aebischer, junge Forscher aus der ganzen Welt abzuholen. Es hiess auch, sich auf zwei Gebiete zu konzentrieren: Life Sciences und Digital Humanities. Aebischer hat vor 17 Jahren gespürt, dass diese Bereiche sich in Zukunft enorm entwickeln würden.

Mit seinen grossen Ambitionen hat er die EPFL neu orientiert und hatte dabei keine Scheu, auch private Geldgeber einzubinden. Er hat wie niemand vor ihm Partnerschaften mit privaten Firmen und Labors gepflegt.

Versuche, die ETH Zürich ähnlich umzukrempeln wie Lausanne, sind vor einigen Jahren am Widerstand der Belegschaft gescheitert. Die Sorglosigkeit, mit der Aebischer mit der Industrie zusammengearbeitet hat, kam bei vielen in der Deutschschweiz nicht gut an. Gab es diese Kritik auch in der Westschweiz?

Wenn man über Geld spricht, stellt sich immer sehr rasch auch die Frage nach der Abhängigkeit der Forschung. Diese Frage ist natürlich immer noch sehr präsent, aber aus Sicht der Region überwiegen die Vorteile.

Viele sagen, die ETH Zürich sei im Vergleich zu schüchtern gewesen, hätte sich einfach auf ihre Tradition, auf ihre Geschichte gestützt. Die ETH Lausanne sei viel dynamischer gewesen.

Aebischer wurde oft auch kritisiert für seine grossen Versprechen, die er nicht immer eingehalten hat. Ein Bespiel ist das milliardenschwere Human Brain Project: viele meinten, das sei Grössenwahn.

Viele Visionäre sind in gewisser Hinsicht Grossmäuler und das gefällt natürlich nicht allen. Man kann an Persönlichkeiten wie Nicolas Hayek von der Swatch Gruppe oder Bertrand Picard von Solar Impulse denken: das sind Menschen mit starkem Charakter. Aebischer gehört zu dieser Kategorie. Und sein Ehrgeiz wurde von einigen als zu streng und zu autoritär empfunden.

Aebischer hat Charisma, er ist brilliant, und hat auch ein sehr grosses Ego.

Aber dieser Charakter erlaubte ihm auch mit harter Kritik umzugehen. Nehmen wir das «Human Brain Project»: es gibt renommierte Neurowissenschaftler aus ganz Europa, die das Projekt kritisiert haben oder sich ausgeschlossen fühlten.

Darauf hat Aebischer einfach geantwortet, er sei nicht beunruhigt. Es sein normal, dass ein so grosses Projekt starke Reaktionen verursachen würde. Heute hört man weniger Kritik – und das Projekt geht einfach weiter.

Einblick in das «Human Brain Project» der ETH Lausanne.
Legende: Das ehrgeizige «Human Brain Project» der ETH Lausanne will das menschliche Hirn mit einem Supercomputer simulieren. Keystone/Jean-Christophe Bott

Sie haben als Wissenschaftsjournalist viel mit Aebischer zu tun gehabt. Wie erlebten Sie ihn als Mensch?

Aebischer hat Charisma, er ist brilliant, und hat auch ein sehr grosses Ego. Als Kind ging er scheinbar nicht mit viel Disziplin in die Schule. Er hat also immer einen sehr starken und selbstständigen Charakter gehabt. Das hat man in der ETH Lausanne sehr schnell bemerkt und das spürt man auch, wenn man ihn trifft.

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Er hat einen sehr direkten Stil und grossen Ehrgeiz. Aebischer ist sehr intelligent und hat eine sehr breites Interesse für Kultur, insbesondere Musik. Er stellt sich gerne ernste philosophische und metaphysische Fragen, aber er lacht auch gerne – manchmal wie ein Kind, das einfach vom jetzigen Moment profitiert.

Nun geht er, als sein Nachfolger übernimmt Martin Vetterli. Wie wird es nach Ihrer Einschätzung mit der EPFL weitergehen?

Martin Vetterli steht eher für die leiseren Töne. Auf Französisch sagt man: «On sait ce qu’on perd, pas ce qu‘on gagne» – man weiss was man verliert, aber nicht was man mit dem Rücktritt von Patrick Aebischer gewinnt.

Ich habe diese Woche mit Martin Vetterli gesprochen. Er lacht natürlich, wenn man ihn fragt, ob es nicht zu schwierig sei, Aebischer nachzufolgen. Denn die beiden Männer kennen sich sehr gut und sind gute Freunde. Vetterli weiss, dass viele Projekte schon aufgegleist sind. Mit ihm kann man mit einer gewissen Kontinuität rechnen.

Das Gespräch führte Pascal Biber.

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