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Big Data in der Forschung Schneller schwanger dank App – doch zu welchem Preis?

Startup-Szene Schweiz: Neuartige Messungen revolutionieren die Forschung und Entwicklung. Aber wer behält die Kontrolle über die Daten?

Vor fünf Jahren gründete Lea von Bidder zusammen mit Kollegen das Zürcher Startup Ava. «Ob Schwangerschaft, Verhütung oder Wechseljahre – all diese Bereiche sind stigmatisiert und man versteht sie nicht gut genug. Das führt dazu, dass Frauen in all diesen Bereichen keine akkuraten Lösungen haben», erklärt sie ihre Motivation.

Daten für die Erforschung des Zyklus

Vor zwei Jahren brachte das Startup das erste Produkt auf den Markt: Ein Armband, das Daten misst und eine App, die daraus Rückschlüsse auf den weiblichen Zyklus zieht und die fruchtbaren Tage anzeigt. Frauen mit einem Kinderwunsch sollen schneller schwanger werden, so das Versprechen.

Schon früh sei der Zusammenhang zwischen Körpertemperatur und Zyklus bekannt gewesen, sagt Lea von Bidder. Ihr Unternehmen geht einen Schritt weiter und misst neben der Hauttemperatur auch Durchblutung und Körperbewegungen mit dem Armband, das nachts getragen wird. Nach 12 Stunden übermittelt das Gerät drei Millionen Datenpunkte.

Einsicht dank Daten

Intelligente Algorithmen suchen in dem riesigen Datenberg nach Zusammenhängen, um den Zyklus besser zu verstehen. Gleichzeitig werden die Messungen genutzt, um den Beginn der fruchtbaren Tage zu prognostizieren.

«Viele Frauen haben unregelmässige Zyklen. Deshalb ist es wichtig, dass wir so viele Daten haben, damit wir einer Frau individuell sagen können, was in ihrem Körper gerade passiert», erklärt Lea von Bidder.

Das Startup besitzt heute eine wertvolle Datensammlung, die auch für andere Forscher von Interesse ist. Lea von Bidder bestätigt, dass es immer wieder Anfragen gebe.

Ihr Unternehmen konzentriere sich erst einmal auf die eigenen Ziele: «Wir nutzen unsere Daten mit Einwilligung unserer Kundinnen für Forschungszwecke. Aber das sind im Moment unsere eigenen Forschungszwecke.»

Wer kontrolliert die Daten?

Ein Armband kostet rund 300 Franken. Geld verdienen könnte das Startup auch mit Werbung, laut Datenschutzrichtlinien ist die Firma Teil eines Werbenetzwerkes. Doch Lea von Bidder winkt ab: «Wir verkaufen keine Daten.»

In den Datenschutzrichtlinien behält sich das Unternehmen das Recht vor, die Bedingungen jederzeit zu ändern. Kundinnen können diesen Bedingungen zustimmen und ihre Daten beisteuern – oder auf das Produkt verzichten. Wie bei vielen anderen Apps und Dienstleistungen ist klar, wer die Hoheit über die Daten behält: das Unternehmen.

Neuer Datenspeicher

Dass es auch anders ginge, zeigt Tim Berners-Lee. Der Erfinder des World Wide Webs hat in den letzten Jahren einen neuartigen Datenspeicher entwickelt, den «Solid Pod».

Time Berners-Lee auf der Bühne vor einer Leinwand.
Legende: Tim Berners-Lee: Der Erfinder des Webs präsentiert seinen Datenspeicher Solid Pod. Reuters

Nutzer können alle ihre Daten in einem Pod ablegen und dann den Zugang regeln: Wer soll die Fotos der letzten Reise sehen oder einen Blog Eintrag kommentieren können?

Auch die Daten aus dem Armband könnte man in einem Pod speichern. Eine Frau könnte dann entscheiden, welche Wissenschaftlerinnen ihre Daten nutzen dürfen.

Daten aus Sensoren ermöglichen Forschung in ganz neuen Dimensionen. Lea von Bidder gerät darüber ins Schwärmen: «Was wir jetzt tun, ist erst der Anfang. Ich glaube, dass wir noch viel mehr Zusammenhänge sehen können.» Die Unternehmerin träumt etwa davon, in Zukunft während der Schwangerschaft Daten zu erheben mit dem Ziel, frühzeitig Komplikationen zu erkennen.

Die Frage ist, wer dann in Zukunft die alleinige Kontrolle über diese Daten behalten soll – Kundinnen oder Unternehmen.

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