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Gehörlos im Familienalltag Mit Gebärdensprache zum Fünfer: «Jetzt bin ich so glücklich»

Sabine Frischknecht begleitet eine gehörlose Mutter mit zwei hörenden Kindern durch den Familienalltag – mit Gebärdensprache, Geduld und praktischem Beistand. Ihre Besuche helfen, Brücken zu bauen: in der Schule, zu Hause und im Herzen der Familie.

Sabine Frischknecht hat mit fünf Jahren ihr Gehör verloren. Heute arbeitet sie als Sozialpädagogin bei einer Beratungsstelle für schwerhörige und gehörlose Menschen – und unterstützt betroffene Familien bei Herausforderungen im Alltag.

«Es gibt Eltern, die haben Probleme mit der Kommunikation in der Schule, sind überfordert mit dem ganzen Schulsystem oder in Erziehungsfragen», sagt Frischknecht. «Wir unterstützen sie in allen Bereichen. Mit der Schule, mit dem Hort, mit dem Kindergarten. Wir fördern die Eltern.»

Regelmässige Unterstützung im Familienalltag

An diesem Tag besucht die Familienbegleiterin eine alleinerziehende Mutter in der Stadt Zürich. Die Frau ist gehörlos, ihre beiden Kinder hören. Rund einmal im Monat kommt Frischknecht persönlich vorbei.


Ein zentrales Thema in der Familie ist die Kommunikation. Um das Zusammenleben zu erleichtern, lernt die ganze Familie spielerisch Gebärdensprache. Die Reporterin hakt nach: «Schon schwierig, oder?» Der Sohn der gehörlosen Mutter überlegt kurz und meint dann: «Jetzt hab ich es mir gemerkt. Jetzt ist es einfach.»

Die Mutter selbst kam in der Schweiz zum ersten Mal mit der Gebärdensprache in Kontakt. «Damals in Eritrea konnte ich die Gebärdensprache nicht. Es ging mir schlecht», sagt sie. «Mehr als Lebensmittel und andere Dinge kaufen, konnte ich damals nicht.»

Gebärdensprache als Alltagssprache

Heute ist die Gebärdensprache fester Bestandteil des Familienalltags. Sabine Frischknecht begleitet die Mutter bei Elterngesprächen, hilft bei den Hausaufgaben und gibt Orientierung in Erziehungsfragen. «Die Mutter kann nicht lesen und kann deshalb auch nicht die Hausaufgaben überprüfen», erklärt Frischknecht. «Ihr ist das bewusst. Sie ist froh um Unterstützung.»

Beim gemeinsamen Üben ermutigt Sabine Frischknecht den Bub: «Nächstes Mal sagst du: Schaffst du schon!» Dann fügt sie noch hinzu: «Ich bin stolz auf dich.» Einfache Sätze – mit grosser Wirkung.

Und tatsächlich: Beim Blick in die Deutschprüfung zeigt der Bub stolz seine Note. «Fünf plus! Jetzt bin ich mega glücklich!» Der Erfolg ist nicht nur das Resultat einer guten Prüfung, sondern auch Ausdruck einer gelungenen Verständigung – jenseits von Lautsprache.

Beratungsstelle für Gehörlose und Hörbehinderte

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Die BFSUG Zürich (Beratungsstelle für Schwerhörige und Gehörlose) bietet Informationen, Beratung und Unterstützung für gehörlose, schwerhörige und hörsehbehinderte Menschen sowie deren Angehörige.

Ziel sei es, Betroffene in ihrem Alltag zu stärken – etwa im Kontakt mit Behörden, Schulen oder sozialen Institutionen. Die Fachpersonen arbeiten kultursensibel und häufig selbst mit Hörbehinderung.

Die Organisation ist in mehreren Regionen der Schweiz aktiv, darunter Zürich, Luzern, Bern und St. Gallen.

Weitere Informationen: www.bfsug.ch

Die Sendung «mitenand»

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Hände greifen ineinander.

Mit kurzen Reportagen nimmt «mitenand» die Zuschauerinnen und Zuschauer mit auf eine Reise – in eine Welt jenseits der Schlagzeilen.

Im Fokus der Sendungen stehen Menschen, die im Kleinen die grossen Probleme unserer Zeit angehen sowie soziale oder ökologische Projekte gemeinnütziger Organisationen.

Das soziale Engagement in der Schweiz und im Ausland bildet dabei den Rahmen.

SRF 1, 18.5.2025, 21:50 Uhr

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