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Hochsaison für Archäologen Das sind keine Kornkreise, sondern Spuren unserer Vorfahren

Ein Fenster in die Vergangenheit dank Hitze und Trockenheit: Luftaufnahmen in England offenbaren neue historische Stätten.

Es sind die Pflanzen, die zeigen, wo was liegt. Deren Wachstum verrät nämlich, was sich unter ihren Wurzeln im Erdboden versteckt. Wegen des extrem trockenen Hitzesommers geben sich auch die Umrisse vergangener Bauwerke zu erkennen, die sich tief unter der Erde verbergen.

Sommer für die Archäologen

Die extreme Trockenheit gab diesen Sommer die Konturen von bisher unentdeckten Siedlungen und Hügelgräbern aus prähistorischer Zeit preis. Auch Bauernhöfe aus der Eisen- und der Bronzezeit sowie römische Siedlungen zeichnen sich in den darüber liegenden Äckern und Wiesen ab.

Ein Feld fotografiert aus der Luft mit Kreisen
Legende: Die prähistorische Siedlung und Grabstätte in der Nähe von Eynsham war bereits bekannt. Aber erst der Hitzesommer brachte deren gewaltige Dimension zum Vorschein. Historic England

Die archäologischen Schätze sind nun von blossem Auge sichtbar. Besonders gut überblicken lassen sich die Spuren früherer Kulturen aus der Vogelperspektive.

Fliegende Archäologen

Darauf sind die Luftbild-ArchäologInnen spezialisiert. Sie fliegen übers Land und schauen, was sich an geometrischen Formen abzeichnet.

Entsprechend fleissig gingen dieses Jahr die Archäologen von «Historic England» , der staatlichen Denkmalpflegebehörde Englands, in die Luft. Dieser Sommer sei einer der arbeitsreichsten in seinen 20 Jahren als fliegender Archäologe gewesen, bilanziert Damian Grady von «Historic England».

«Bauernhöfe, Strassen und Gräber»

Natürlich wüssten Luftarchäologen, dass ihnen trocken-heisses Wetter zusätzliche Geheimnisse preisgeben kann: unterirdische Schätze, die sich in normalen Sommern nicht durch spezielle Bewuchsmerkmale offenbaren.

Fotoaufnahme Umrisse eines römischen Bauernhofs in einem Feld
Legende: Diese Luftaufnahme offenbart die Umrisse eines römischen Bauernhos in Bicton. Zum Hof gehörten mehrere Gebäude und eine Weide- oder Pferdekoppel. Historic England

Dennoch seien er und seine Leute beeindruckt, wie viel zum Vorschein gekommen sei: «Da unten gibt’s viel mehr Archäologisches, als wir bisher meinten – mehr Bauernhöfe, Strassen, Umgrenzungen und Gräben», sagte er in einem BBC-Bericht .

Steinzeitliche Prachtstrasse auf dem Acker

Auch Bauer Mike Davis ist überwältigt. Auf seinem Land sind in diesem Sommer zwei riesige Rechtecke, zwei so genannte Cursus-Monumente aus der Neusteinzeit sichtbar geworden. Cursus-Monumente sind lange Wall- oder Grabenkonstruktionen aus der Zeit von 3600 bis 3000 Jahre vor unserer Zeitrechnung.

Luftaufnahme eines Felds
Legende: Die steinzeitlichen Cursus-Monumente bei Milton Keynes gehören zu den ältesten im ganzen Land. Der rechte Teil wurde bis anhin von mittelalterlichen Überresten verdeckt – die wurden nun umgepflügt. Historic England

Davis staunt fast ehrfürchtig über das, was sich da vor seinen Füssen abzeichnet: die Spur einer steinzeitlichen Prachtstrasse, die weit über seine Äcker hinausführt. Dass er da auf einer heiligen Allee aus der Steinzeit gehe, sei für ihn schlicht «mind-boggling», umwerfend und irgendwie auch verwirrend.

Helle Streifen in der Landschaft

Wegen des extrem heissen Sommers sind die Farbkontraste zwischen Pflanzen, die Überbleibsel menschlicher Vergangenheit unter ihren Wurzeln haben, und solchen, die auf normalem Land wachsen, besonders stark. Je nachdem wachsen die Pflanzen auf historischem Untergrund besser oder schlechter.

Liegen unter der Erdoberfläche Steine – also Wände und Fundamente oder auch Wege und Strassen –, dann ist die Erdschicht darüber relativ dünn. Die Pflanzen wachsen spätestens, wenn es sehr trocken ist, sichtbar spärlicher oder verdorren sogar. Die Umrisse archäologischer Bauten heben sich aus der Luft gesehen als helle Streifen von den Nachbarpflanzen ab.

Gruben besonders Grün

Auch das Gegenteil kann der Fall sein. Archäologische Stätten können sich durch ein auffällig gutes Wachstum der Pflanzen verraten.

Das ist der Fall bei prähistorischen Gräben, Gruben oder Erdhügeln. Da ist reichlich Erde und damit Feuchtigkeit vorhanden und entsprechend gut geht es den Pflanzen darüber.

Luftaufnahme von Kreisen in Feldern
Legende: Neuer Fund in Cornwall: Der innere Graben umrundete vermutlich eine Siedlung aus der Bronzezeit, während der äussere Kreis hunderte Jahre später zur Tierhaltung genutzt wurde. Historic England

Regen lässt Spuren verschwinden

Die Spuren der Vergangenheit sieht man vor allem dort gut, wo sich dieselbe Pflanzenart oder Pflanzengemeinschaft über eine weite Fläche erstreckt – zum Beispiel auf Getreidefeldern oder auf Wiesen.

Das gilt für die neu entdeckten Cursus-Monumente bei Milton Keynes ebenso wie für die zusätzlich zum Vorschein gekommenen kreisförmigen Gruben eines Grabmonuments in der Grafschaft Oxfordshire oder das aus verschiedenen quadratischen Bauten bestehende Gehöft aus römischer Zeit in East Devon.

Mit dem Regen werden sich all die neu entdeckten Umrisse historischer Stätten wieder ihrer Umgebung angleichen und unsichtbar werden. Sie bleiben im Boden, werden aber die eindrückliche Liste der etwa 400'000 archäologischen Stätten Englands um ein schönes Stück verlängern.

Sendung: Kultur Aktualität, SRF 2 Kultur, 27.8.2018, 17.20 Uhr

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