Die Sommerzeit sei ein «von oben diktierter Eingriff in unser biologisches Zeitsystem», sagt der bekannte Münchner Chronobiologe Till Roenneberg. Er befasst sich als Wissenschaftler mit biologischen Rhythmen – mit unserer «inneren Uhr».
Die Zeitumstellung wirke sich nicht nur kurzfristig negativ auf die Gesundheit aus, etwa in Form von Schlafstörungen. Vielmehr störe sie die innere Uhr vieler Menschen für lange Zeit.
Es sind solch klare Statements von Forschern, welche auch die Politik am Sinn der Sommerzeit zweifeln lassen. Das EU-Parlament hat zwar letzte Woche nicht die Abschaffung der Sommerzeit beschlossen, aber es eine genauere Untersuchung der Vor- und Nachteile angeordnet.
«Nicht so schlimm»
Aus wissenschaftlicher Sicht sei die Sache gar nicht so klar, sagt Christian Cajochen, Leiter des Chronobiologischen Zentrums in Basel. Es gebe nicht sehr viele Studien darüber, wie sich die innere Uhr des Menschen an die Sommerzeit anpasse.
«Meist dauert es drei bis vier Tage, bis man sich an die Sommerzeit gewöhnt hat. Das ist wie ein kleiner kollektiver Jetlag, der nicht unbedingt sein muss», so Cajochen. Aber wir würden heute ja auch oft und weit Fliegen, gibt er zu Bedenken: «Da kann die Umstellung auf die Sommerzeit nicht allzu schlimm sein».
Kein Anstieg der Schlafproblemfälle
Unmittelbar nach der Umstellung auf die Sommerzeit gibt es statistisch nachgewiesen mehr Unfälle. «Das hat eher damit zu tun, dass wir eine Stunde früher aufstehen müssen und noch müde sind, als mit der Verschiebung unserer inneren Uhr», sagt Cajochen.
Es sei nicht so, dass sich in Basel regelmässig nach der Zeitumstellung im Frühjahr mehr Leute mit Schlafproblemen in der Schlafklinik meldeten. Im Herbst werde die Umstellung sowieso kaum als Problem wahrgenommen.
Licht ist entscheidend
Bei der Einstellung unserer inneren Uhr spielt das Licht die entscheidende Rolle: Sowohl Sonnenlicht, wie auch Kunstlicht wirken. Unsere innere Uhr versucht sich dem Wechsel von hell und dunkel anzupassen.
Am späten Abend lange an einem Bildschirm mit viel Blaulichtanteil zu sitzen, ist nicht förderlich für einen guten Schlaf. Das hat die Forschung nachgewiesen.
Tagsüber hingegen ist viel Licht sehr nützlich. Die hell scheinende Sonne bringt einen hohen Blauanteil mit sich. Unsere innere Uhr wird auf den 24-Stunden-Licht-Dunkelwechsel geeicht.
Das fördert optimale Leistungsfähigkeit am Tag und guten Schlaf in der Nacht. Cajochens Empfehlung: Oft nach draussen gehen – auch an nebligen Tagen. So kann das Licht als Zeitgeber für unsere innere Uhr seinen Dienst tun.
Sendung: SRF 1, Tagesschau, 8.2.2018, 19:30 Uhr.