Zum Inhalt springen

Mangel an Spenderherzen Werden Menschen bald Schweineherzen eingepflanzt?

Forschern ist es gelungen, Pavianen Schweineherzen einzupflanzen. Gelingt das bald auch bei Menschen?

148 Menschen standen laut Swisstransplant 2017 in der Schweiz auf der Warteliste für ein Spenderherz, 40 Spenderherzen wurden transplantiert. Es fehlen also rein rechnerisch gut 100 Spenderherzen.

Um diese Lücke zu schliessen gibt es verschiedene Ansätze. Ein Weg: Bessere Medikamente, die eine Transplantation zumindest hinauszögern.

«Das ist für 95 Prozent aller Patienten immer noch die beste und die häufigste Therapie», sagt Thierry Carrel, Herzspezialist am Inselspital Bern.

Kunstherzen werden immer besser

Die zweite Möglichkeit sind Kunstherzen. Diese seien heute viel besser als noch vor zehn, fünfzehn Jahren, sagt Carrel.

Nun kommt vielleicht ein weiterer Lösungsansatz dazu: die Xenotransplantation – der Versuch, Menschen das Herz eines Tieres einzupflanzen.

Das klingt unwahrscheinlich und ist auch ziemlich schwierig, sagt Bruno Reichart vom Universitätsklinikum München: «Schweineherzen sind wesentlich verletzbarer als Menschenherzen.»

Chirurgen halten einen Plastikbeutel, in dem ein menschliches Herz liegt.
Legende: Menschliche Spenderherzen sind rar. Eine Lösung sind künstliche Herzen. Oder vielleicht auch solche von Tieren? KEYSTONE / Gaetan Bally

Erfolgreiche Versuche mit Pavianen

Trotzdem ist es ihm geglückt: Vier Paviane lebten in seinen Labors mit verpflanzten Schweineherzen mindestens drei – und bis zu sechs Monate lang.

Die Schweine, denen er die Herzen entnahm, waren genetisch verändert, sodass die Herzen vom Affenkörper weniger stark abgestossen wurden. Ausserdem verbesserte Reichart die Durchblutung der Herzen, bevor sie transplantiert wurden. Und die Forscher senkten den Blutdruck der Paviane, um die transplantierten Herzen zu entlasten.

Bekommen bald auch Menschen Schweineherzen?

Es braucht noch weitere Tierversuche, doch Bruno Reichart ist überzeugt, in einigen Jahren kann er die ersten Schweineherzen in Menschen verpflanzen: «Wir müssen das einfach machen, um zu beweisen, dass unsere Techniken funktionieren.»

Viele Forscherkollegen zollen ihm Respekt. Er hat etwas geschafft, das bisher nicht ging. Er hat wichtige Hürden genommen.

Das Eldorado der Immunologen

Aber trotzdem gibt es Grund zur Skepsis, sagt Thierry Carrel. Denn die Alternativen – Medikamente, Kunstherzen, besserer Umgang mit Spenderorganen – nützen vermutlich mehr als spektakuläre Xenotransplantationen.

«Das käme noch ‹on top› dazu», sagt Carrel: «Xenotransplantationen sind ein wenig das Eldorado der immunologischen Wissenschaft, würde ich sagen».

Sendung: Radio SRF 4 News, HeuteMorgen, 6.12.2018, 6:00 Uhr.

Meistgelesene Artikel