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Ein Junge steht mit dem Rücken zum Betrachter auf einem Fischernetz und schaut aufs Meer.
Legende: Unmenschlicher Teufelskreis: Der Fisch wird knapp, der Bedarf an Arbeitskräften steigt, doch durch Kindersklaven bleibt das Geschäft lukrativ. Lisa Kristine

Mensch Artenschwund fördert Sklaverei und Piraterie

Der stetige Rückgang an Wildtieren macht die Jagd aufwendiger. Es braucht immer mehr Menschen, um dieselbe Beute zu sichern – sei es im Meer oder zu Land. Entsprechend steigt die Nachfrage nach billigen Arbeitskräften. Mit verheerenden Folgen.

Kinder halten das Geschäft lukrativ. Selbst dann noch, wenn die Küsten leergefischt und die Wälder übernutzt sind: Kinderarbeit rechnet sich für ausbeuterische Arbeitgeber, denn sie hält die Produktionskosten tief. Wo die Zahl der Wildtiere abnimmt, werden deswegen neben Erwachsenen auch Kinder als billige Arbeitskräfte gehandelt.

Das Verschwinden der Wildtiere

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Fünf grosse Aussterbewellen hat die Erde bereits hinter sich und die sechste findet gerade statt. Jährlich sterben etwa 58‘000 Tierarten aus. Ein Drittel der Wirbeltiere sind akut gefährdet. Noch steiler verläuft der Niedergang der wirbellosen Tiere (Insekten, Schnecken, Würmer etc.). Ihre Zahl hat sich in den vergangenen 35 Jahren fast halbiert.

Diese Entwicklung führt in einen Teufelskreis. Das billige Heer an Arbeitskräften ermöglicht die zunehmende Überjagung und entsprechend steigt die Nachfrage nach immer jüngeren Zwangsarbeitern. Dieses Fazit ziehen Ökologe Justin Brashares und Mitautoren in einem Übersichtsartikel im Fachmagazin «Science» .

Schwerstarbeit ohne Lohn

In der Fischerei etwa nehmen Menschenhandel und Kindersklaverei weltweit zu. So werden beispielsweise Männer aus Thailand, Burma und Kambodscha wie Sklaven an Schiffsbesitzer verkauft. Auf den Schiffen bleiben sie dann Monate oder sogar Jahre, bei bis zu 20-stündigen Arbeitsschichten, ohne je einen Lohn zu erhalten. Hunger, Missbrauch und sogar Tötungen gehören zum Alltag.

Auch Kinder werden in der Fischerei immer häufiger wie Sklaven eingesetzt und ausgenutzt. In Senegal, wo ausländische Firmen die Fischbestände plündern, holen Kinder Netze ein und putzen den Fisch. Sie schleppen schwere Kühlboxen oder tauchen, um Meerestiere in die Netze zu treiben. Die Gefahr zu ertrinken ist gross.

In Kambodscha arbeiten Kinder auf den grossen schwimmenden Fischfabriken manchmal mehr als zwei Monate am Stück, in langen Schichten und auch während der Nacht. Sie flicken Netze, schälen Shrimps und schleppen den gefrorenen Fisch von den Schiffen zu den Transportern. Dies sind nur zwei der Beispiele aus einem Uno-Bericht zum organisierten Verbrechen in der Fischerei.

Fischer werden zu Piraten

Doch das Problem hört nicht bei der Sklaverei auf. Wo Wildtiere wie Fische, Vögel oder Steppen- und Buschtiere die traditionell wichtigste Eiweissquelle für die einheimische Bevölkerung sind, ist der Mangel eine existentielle Bedrohung. Fehlt es den zuständigen Regierungen zudem am Willen oder der Fähigkeit, die Situation zu ändern, dann kann die Armut auch bisher unbescholtene Menschen in die Gewalt treiben. Und wo Mangel herrscht, ist in der Regel auch das organisierte Verbrechen nicht weit. So geschehen in Somalia.

Als Anfang der 1990er-Jahre die somalische Küstenwache aufhörte, die Fischereizonen des Landes zu verteidigen, drangen immer mehr ausländische Schiffe in somalische Gewässer und fischten dort illegal. Somalische Fischer begannen, die fremden Boote festzuhalten und Geld zu verlangen. Schliesslich drängten gut bewaffnete Piraten, Vertreter internationaler krimineller Kartelle, ins Geschäft.

In Benin, Senegal oder Nigeria sind mittlerweile ähnliche Entwicklungen zu beobachten. Die Piraterie nimmt angesichts des Mangels auch hier zu. Die «Science»-Autoren warnen vor einer solchen Eskalation der Gewalt und davor, dass kriminelle Gruppierungen an den Konflikten erstarken und sich bereichern. Nicht zuletzt deshalb, weil Menschenhandel und damit Kinder- und Sklavenarbeit eines der wichtigsten Geschäfte des organisierten Verbrechens sind.

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