Angefangen hat es mit dem aufkommenden Tourismus: Schon vor 50 Jahren konnte man als Reisender gegen ein Pfand ein Velo ausleihen. Doch heutige Bikesharing-Systeme gehen viel weiter: In immer mehr Städten können Velos an einem Terminal vor Ort oder via Internet gebucht werden. Über eine Code-Karte kann das Fahrrad dann aufgeschlossen und ausgeliehen werden.
Die Velo-Mieter von heute wollen das Zweirad schnell, unkompliziert und möglichst in unmittelbarer Nähe greifbar haben. Und sie wollen es jederzeit und überall wieder abgeben können. Mittlerweile sind auch Reservierungen oder Buchungen übers Mobiltelefon möglich. Das stellt ganz neue Anforderungen an die Technik, die Diebstahlsicherheit, aber auch an die Verlässlichkeit solcher Systeme.
«Bikesharing kann mehr Velos auf die Strasse bringen»
Ein Ruck gehe durch die Branche, welcher dem Veloverkehr in Zukunft Auftrieb verleihen könnte, sagt Manon Giger, Geschäftsführerin des Forum Bikesharing Schweiz gegenüber «Einstein»: «Bikesharing kann mehr Velos auf die Strasse bringen und das kann ein Treiber für weitere Veloanliegen sein, beispielsweise für Projekte, um die Velo-Infrastruktur in den Städten weiter zu verbessern.» Vorbilder gibt es viele: Dublin, Barcelona oder Sevilla zählen zu den Städten, die vorher kaum Velofahrer hatten und heute als aufstrebende Velo-Cities gelten.
In erster Linie geht es darum, die Sharing-Netze in der Schweiz weiter auszubauen, denn je dichter ein Sharing-Netz, desto besser, weil es Ausleihe und Rückgabe noch einfacher macht. Dazu müsste sich ein technischer Standard durchsetzen. Heute teilen sich den Schweizer Sharing-Markt drei Anbieter (siehe Infobox). Derzeit testen die Städte Genf, Bern, Lausanne und Zürich, welches automatisierte Verleihsystem sie künftig anbieten möchten. Entscheidend für den Erfolg ist letztlich die politische Unterstützung für solche Projekte.
Eines Tages sollen die Systeme vereinheitlicht werden, so dass Kunden zwischen den Städten die Angebote einfacher nutzen können. Eine interessante Entwicklung hierbei: Die SBB möchten per 2015 GA- und Halbtax-Karten mit RFID-Chip einführen, welcher den kontaktlosen Datenaustausch ermöglicht. Davon könnte auch das Bikesharing profitieren. «Damit wäre der Grundstein gelegt, um die Systeme zu vereinheitlichen», so Giger, «ein grosser Player wie die SBB könnte hier einiges bewegen.»
Die Dänen machen's vor
Wie es funktionieren kann, zeigt Kopenhagen. Die dänische Hauptstadt gilt als innovativ in Sachen Veloplanung: Velos machen 38 Prozent des innerstädtischen Verkehr aus – zum Vergleich: In Zürich sind es gerade mal 7 Prozent. Im Bikesharing hat die Velostadt Pionierarbeit geleistet. Mikael Colville-Andersen, der Velobotschafter Kopenhagens berät mit seiner Agentur « copenhagenize » Städte auf der ganzen Welt in Sachen Veloverkehr. Seine Länder-Ratings sind in der Veloplanung eine bekannte Marke. Er ist überzeugt, dass Bikesharing-Systeme helfen können, dem Veloverkehr in einer Stadt einen Schub zu geben. Schliesslich gehe es darum, über das Velo-Sharing vor allem neue Zielgruppen zu erschliessen, Leute, die bisher nicht daran dachten, aufs Velo zu steigen. Doch die Bedingungen müssten stimmen.
Kopenhagen hatte lange ein funktionierendes Sharing-System – die Velos waren allesamt Spezialanfertigungen, damit sich der Diebstahl der Einzelteile nicht lohnt. Aber nun sei es Zeit, das System den neuen Bedürfnissen anzupassen, erklärt Colville-Andersen. Auch hier will Kopenhagen neue, innovative Wege gehen: Noch dieses Jahr werden die Velos von gobike.com durch die Strassen kurven. Das Besondere: Sie sind mit einem Tablet-PC ausgerüstet, welcher über GPS und Internet-Verbindung auch als Navigationsgerät fungiert. Bikesharing 2.0.