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Mensch Ein Nervenkostüm für Zärtlichkeit

Woher kommt es eigentlich, dass wir sanftes Streicheln schön finden, während uns die Berührung mit einem Gegenstand kalt lässt? Ergebnisse aus der Forschung deuten darauf hin, dass dafür ganz spezielle Nervenzellen verantwortlich sind. Wir brauchen sie offenbar ein glückliches Leben.

Das Klopfen auf die Schulter, die beruhigende Hand auf dem Arm, eine lange Umarmung: Bei der Wahrnehmung von all dem, so Forscher, ist immer ein bestimmter Typ von Nervenzellen im Spiel: die c-taktilen Nervenzellen.

Es sind besondere Nervenzellen, die Reize langsam weiterleiten – extra für die Wahrnehmung dieser Impulse ausgestattet. Dass es sie überhaupt gibt, ist noch gar nicht so lange bekannt. Und ihre Bedeutung für uns als soziale Wesen erschliesst sich der Wissenschaft erst jetzt Schritt für Schritt.

Pinsel-Roboter für die Streichelforschung

Um Streicheleinheiten zu erkunden, haben Forscher um Francis McGlone von der Liverpool John Moores University in Grossbritannien eine Testmaschine entwickelt: Ein junger Mann liegt ausgestreckt auf einer Liege. Direkt über seiner Stirn bewegt ein Roboter verschiedene Pinsel hin und her, justiert sie und streicht dann mit einem der Pinsel über die Stirn des Mannes.

Der junge Proband bewertet auf einer Skala von minus 10 über 0 bis plus 10, wie schön oder unangenehm die Berührung mit dem Pinsel ist. Diese Werte sind für den Forscher wichtige Informationen. Mit feinen Elektroden, die Aktivitäten von Nervenzellen in der Haut aufzeichnen können, konnten die Forscher dann nachweisen, dass für diese Reize die c-taktilen Nervenzellen zuständig sind.

Ein Baby wird sanft von seiner Mutter am Kopf gestreichelt.
Legende: Lebensnotwendig: Schon Babys brauchen Zärtlichkeit und Streicheleinheiten, um zu gesunden und sozialen Menschen heranzuwachsen. Keystone

Diese Zellen liefern ihre Information – anders als andere Sinneszellen der Haut – nicht im so genannten «somato-sensorischen Kortex» ab. Das ist die Region des Gehirns, wo sich aus den Sinnesreizen von aussen ein rein faktisches Bild der Welt für uns formt. «Stattdessen liefern sie ihre Signale dort im Gehirn ab, wo wir auch Gefühle verarbeiten. Ihr Signal hat immer auch eine emotionale Färbung, nämlich: oh, das ist schön!», sagt Francis McGlone.

Basis für soziales Zusammenleben

McGlone und seine Kollegen vermuten, dass die c-taktilen Nervenzellen entscheidend dafür sind, dass wir überhaupt zu funktionierenden sozialen Wesen heranwachsen. Und die Argumente für ihre Hypothese mehren sich. «Wir sind für die Wahrnehmung von angenehmer Berührungen extra gut verdrahtet», sagt McGlone.

Sein Kollege Robin Dunbar, Professor für evolutionäre Psychologie an der Universität Oxford, forscht unter anderem daran, wie sich die Sprache als soziales Werkzeug des Menschen entwickelt hat. Er ist überzeugt, dass sich in den nächsten Jahren klären lassen wird, wie genau die »Kuschelneuronen« und die Entwicklung unserer sozialen Fähigkeiten zusammenhängen – vom Kleinkind durch die Adoleszenz bis ins Erwachsenenalter.

Messbare Auswirkungen im Körper

Dunbars eigene Forschung belegt, dass unser Belohnungszentrum im Gehirn ganz direkt reagiert, wenn die c-taktilen Nervenzellen stimuliert werden: mit der Ausschüttung von so genannten Endorphinen. Diese Botenstoffe bewirken, dass wir uns glücklich und wohl fühlen.

Auch wenn wir uns selbst pflegen, also baden, uns eincremen, schminken, bürsten oder nach dem Duschen einfach ausgiebig frottieren, seien ganz sicher die c-taktilen Nervenzellen und ihre Wirkung auf im Spiel, meint McGlone: «Wir sehen dadurch nicht nur besser aus, wir fühlen uns auch besser.»

Die c-taktilen Nervenzellen sind also nicht nur gewissermassen der Kitt zwischen uns und den vielen anderen Menschen da draussen. Sondern auch eine wichtige Verbindung zwischen unserem Körper und uns selbst.

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