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Eizellen und Sperma in einer Petrischale
Legende: Befruchtung im Labor: Künstlich erzeugte Embryonen könnten künftig genetisch untersucht werden, bevor sie in die Gebärmutter gebracht werden. Imago

Mensch «Embryos im Labor sind stärker geschützt als im Bauch»

Am 14. Juni wird über die Präimplantationsdiagnostik (PID) abgestimmt. Bei dieser Diagnostik kann ein künstlich erzeugter Embryo bereits in der Laborschale auf Krankheiten untersucht werden. In der Ethik gibt es sowohl Stimmen für die PDI als auch dagegen.

Heute bleibt vielen Paaren, die von einer genetischen Belastung betroffen sind, nur die so genannte Schwangerschaft auf Probe. Das bedeutet: Das Paar wird schwanger und hofft, dass sich der Fötus bei der vorgeburtlichen Kontrolle – etwa mittels Ultraschall oder Fruchtwasserpunktion – als gesund herausstellen wird.

Ist das ungeborene Kind jedoch krank, stellt sich den betroffenen Familien die schwierige Frage, ob sie es trotzdem auf die Welt bringen wollen – oder aber die Schwangerschaft abbrechen sollen. Betroffen sind etwa Paare, bei denen Mann und Frau Träger von Krankheits-Genen sind, zum Beispiel für Cystische Fibrose oder Glasknochenkrankheit.

Vermeidbare Last für die Eltern

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) könnte die «Schwangerschaft auf Probe» verhindern. In der Schweiz ist sie jedoch verboten. Für den Ethiker Peter Schaber von der Universität Zürich ist dieses Verbot aus ethischer Sicht unhaltbar. Es bürde den Eltern eine Last auf, die sich vermeiden liesse. «Es gibt keine guten Gründe, die PID anders zu regeln als heute die Pränataldiagnostik», sagt Philosoph Schaber.

Als Pränataldiagnostik werden jene Untersuchungen bezeichnet, die während der Schwangerschaft zulässig sind – und die häufig zu einem Schwangerschafts-Abbruch führen, wenn Krankheitsgene oder Chromosomenstörungen gefunden werden. Zu diesen Untersuchungen gehört etwa die Fruchtwasserpunktion in der 16. Woche.

Embryo im Labor stärker geschützt als im Bauch

Für den Ethiker Peter Schaber ist die heutige Situation widersprüchlich: Die vorgeburtliche Untersuchung und eine allfällige Abtreibung sind erlaubt, nicht aber die PID, die auf die gleichen Krankheiten testet – nur bevor der Embryo in der Bauch der Mutter eingesetzt wird. Dies steht für Schaber im Widerspruch zur «moralischen Schutzwürdigkeit des Embryos», die um so grösser sei, je weiter entwickelt er ist. Mit anderen Worten: Ein Fötus in der 16. Schwangerschaftswoche müsste eigentlich stärker geschützt werden als ein fünf Tage alter Embryo in der Laborschale. Heute ist das Gegenteil der Fall.

Gesellschaftlicher Druck auf die Eltern

Die Ethikerin Monika Bobbert von der Universität Luzern teil die Ansicht von Peter Schaber nicht. Bei der heute zulässigen Pränataldiagnostik treffe ein Paar eine individuelle Entscheidung für oder gegen das Leben eines Kindes. Anders als bei der PID könnten sich die Eltern nach der Pränataldiagnostik auch für die Geburt des Kindes aussprechen. Der gesellschaftliche Druck, festgelegten Normen zu genügen, sei bei der heute zulässigen Pränataldiagnostik geringer als bei der PID.

Was ist gesund, was ist krank?

Ausserdem, so argumentiert Monika Bobbert, sei es schwierig bis unmöglich eine klare Grenze zwischen «gesund» und «krank» zu ziehen. So wurde in Grossbritannien, wo die PID schon lange erlaubt ist, vor einigen Jahren ein Mädchen geboren, das als Embryo in der Petrischale ausgewählt wurde, weil es ein bestimmtes Brustkrebs-Gene nicht besitzt – ein Gen, welches erst im Erwachsenenalter mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer Krankheit führe. Die Frage sei daher, so die katholische Theologin, wo die Grenze verlaufe zwischen schwerer und leichter Erkrankung. «Man könnte auch argumentieren, Rotgrün-Blindheit sei eine Krankheit», sagt sie.

Abstimmung am 14. Juni

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Sagt das Volk «ja» zur Verfassungsänderung, wird die PID grundsätzlich möglich. Explizit zugelassen wird die PID aber erst durch das revidierte Fortpflanzungsmedizin-Gesetz – gegen das noch das Referendum ergriffen werden kann. Kommt das Referendum zustande, gibt es eine erneute Abstimmung.

Angst vor einem Dammbruch – also dass die Indikation für eine PID immer weiter ausgeweitet würde, etwa um das Geschlecht des Kindes auszuwählen – hat Philosoph Schaber hingegen nicht. Eine gesellschaftliche Diskussion darüber, wann eine PID gemacht werden dürfe und wann nicht, sei jedoch notwendig. Eine ethisch problematische Ausweitung sei durch die Gesetzgebung vermeidbar. So sehe das hiesige Gesetz, das die PID im Einzelnen regeln soll, vor, dass die Auswahl nach dem Geschlecht und anderen, nicht krankheits-relevanten Eigenschaften verboten ist.

Diskriminierung: ja oder nein?

In Europa ist die PID für Paare, die von einer schweren Erbkrankheit betroffen sind, in den allermeisten Ländern erlaubt. Doch nicht alle Länder erlauben die Embryonen-Diagnostik auch für Chromosomenstörungen wie die Trisomie 21, die zum Down-Syndrom führt. In Deutschland etwa bleibt dies verboten, obwohl dort die PID grundsätzlich erlaubt ist.

Der Bundesrat wollte ebenfalls diesen Weg gehen, doch das Parlament sprach sich dafür aus, die PID auch für Chromosomenstörungen zuzulassen. So ist es nun im revidierten Fortpflanzungsmedizingesetz festgehalten. Ethikern Monika Bobbert befürchtet, dass die Diskriminierung Behinderter in der Gesellschaft zunehmen könnte, falls die PID erlaubt würde.

Peter Schaber sieht das anders. Die Entscheidung der Eltern gegen ein Kind mit einer Behinderung bedeute keine Abwertung von Menschen, die mit einer Behinderung leben. Vielmehr gehe es um die Frage, ob sich die Eltern zutrauen mit der Belastung umzugehen, die das Kind möglicherweise mit sich bringe.

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