Die renommierte Privat-Uni hat ein Anti-Streber-Stipendium ausgelobt. Gesucht werden Pleitiers, Studierende mit Zuwanderungsgeschichte, Legastheniker, Sitzenbleiber, Nerds, so lautet die Liste in der Ausschreibung der Zeppelin Uni. Das etwas andere Stipendium sei kein PR-Gag, sagt Tim Göbel, Vizepräsident der Zeppelin Universität: «An den deutschen Universitäten sind zahlreiche Gruppen unterrepräsentiert, dem wollen wir mit dem Anti-Streber-Stipendium entgegenwirken.»
Im Blick hat die Uni Menschen, bei denen nicht alles geradlinig verlaufen ist. Keine 6,0-Null-Gymnasiasten, sondern jemand, der sitzen geblieben ist oder eine Idee glorios in den Sand gesetzt hat. Über 100 Interessenten haben sich für das Stipendium beworben, 24 haben bisher den Zuschlag bekommen.
Lehren aus dem Scheitern gezogen?
Allerdings genügt es nicht, einfach einmal gescheitert zu sein, um in die Kränze zu kommen. Alle Bewerber müssen das Aufnahme-Prozedere der Zeppelin Universität durchlaufen, das als anspruchsvoll gilt. Kernstück sind zwei Interviews, in denen Prüfer darauf achten, ob die Anti-Streber aus ihrem Scheitern etwas gelernt haben – denn die Selbstreflexion mache sie interessant, sagt Göbel: «Wer schon einmal eine schwierige Situation durchlitten hat, weiss etwas genauer, was er will, wer er ist.» Und solche Menschen täten einer Gruppe von Studenten gut.
Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass gemischte Teams bessere Leistungen bringen. Beispiel Topmanagement: Unternehmen, in deren Leitung auch Frauen sitzen oder Manager aus anderen Kulturkreisen, erzielen höhere Gewinne. «Und wir haben diese Idee auf das Studium übertragen», sagt Göbel. «Wir sind überzeugt, dass das Prinzip auch dort funktioniert.»
Die Pleite als bereichernde Erfahrung
Gescheiterte und Exoten als Salz in der akademischen Suppe. Das bereichere die wissenschaftliche Debatte genauso wie den studentischen Alltag an der Zeppelin Universität, die sich auf die Bereiche Wirtschaft, Kommunikation und Politikwissenschaften konzentriert.
Göbel gibt ein Beispiel: In einem Seminar, das die Organisation von Institutionen in Politik oder Wirtschaft behandle, profitierten die Studenten von verschiedenen Erfahrungen: «Jemand, der schon einmal kurz vor der Pleite mit der Handelskammer zu tun hatte, kann da anderes beitragen als jemand, dessen Organisationserfahrung aufs Gymnasium und die Schülerzeitung beschränkt ist.»
«Richtig gute Typen» an der Uni
Trotz dieser Vorteile: Anfangs hatte Tim Göbel schon Bedenken, dass den Anti-Strebern mit Stipendium Neid von den übrigen Studenten entgegen schlagen könnte, die ja für ihre Ausbildung bezahlen. Doch davon sei nichts zu spüren. Dazu habe einerseits beigetragen, dass die Idee ursprünglich von einigen Studierenden an die Unileitung herangetragen worden sei. «Und zweitens haben jene Stipendiaten, die bereits bei uns studieren, gezeigt, dass sie richtig gute Typen sind.»
Nun hofft Uni-Vizepräsident Göbel, dass die Idee Schule macht. Denn Deutschland - aber auch die Schweiz – hätten generell einen Nachholbedarf, was die Anzahl an Stipendien betreffe. Erste hoffnungsvolle Zeichen gebe es: Bereits haben sich einige Universitäten nach dem Programm erkundigt.