«Eine Schweiz ohne Rega – unvorstellbar. Ein Hilferuf und sie kommen». Was die damalige Bundesrätin Ruth Dreifuss anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Schweizer Rettungsflugwacht in Worte fasste, spiegelt wohl die Meinung der meisten Schweizer wider.
Ein Rega-Rettungshelikopter befindet sich fünf Minuten nach Alarm in der Luft. Innerhalb von 15 Flugminuten ist er am Unfallsort. Immer dabei: ein Pilot, ein Rettungssanitäter, ein Notarzt. Knapp 28 Einsätze flog die Rega 2012 am Tag. Dass es dazu kommen konnte, ist dem Pioniergeist mutiger Piloten zu verdanken, die sich in den 1940er-Jahren mit ihren Flugzeugen in die Berge wagten, um Leben zu retten. Wo Flugzeuge nicht hinkamen, sprangen die Pioniere mit Fallschirmen ab – mitsamt Lawinensuchhund, wenn es sein musste. Ausschliesslich freiwillig arbeiteten die Retter damals.
Die Verletzten hingen anfangs noch in einem Korb oder an der Pritsche am Flugzeug. «Wir sind da eigentlich nicht professionell gewesen», erzählte der ehemalige Rega-Rettungssanitäter Walter Odermatt einem Reporter von «10 vor 10», «wir haben improvisiert und hatten einen anderen Beruf. Die Rettung haben wir nur in der Freizeit gemacht».
Die Zukunft gehört dem Helikopter
Am 27. April 1952 wird aus der freiwilligen Rettungstruppe die Rega. Gegründet an der Jahresversammlung der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft (SLRF) als eigener Zweig, der auf die Rettung aus der Luft spezialisiert ist. Wenig später werden die ersten Rettungs-Fallschirmspringer in England von der Royal Air Force ausgebildet. Im Dezember führt der Pilot Sepp Bauer in Davos mit einer Hiller 360 die erste Helikopter-Rettungsaktion in der Geschichte der Rettungsflugwacht durch. Die Zukunft der Rega ist eingeläutet: Sie gehört dem Hubschrauber.
Heute besteht die Flotte der Rega aus 3 Ambulanzjets und 17 Helikoptern. 14‘240 Einsätze ist die Schweizer Luftrettung 2011 geflogen, so viele wie nie zuvor. 1953, ein Jahr nach ihrer Gründung, flog sie ganze sechs Einsätze und einen eigenen Helikopter gab es noch nicht. Der wurde erst 1957 durch eine landesweite Sammlung vom Verband schweizerischer Konsumvereine (heute Coop) beschafft.
Die 1960er-Jahre bringen frischen Wind
1960 löst sich die Rega von der SLRF und wird selbständig. Doch dann der Schock: 1966 steht die junge Organisation kurz vor der Pleite. Die laufenden Kosten der Luftrettung übersteigen ihre Möglichkeiten, der Bund will keine öffentlichen Gelder geben. Der technische Leiter Fritz Bühler hat eine Lösung, die die Rega bis heute prägt: Er wendet sich an die Öffentlichkeit. Für eine Spende von 20 Franken erhält der Gönner die Rettung im Notfall gratis. 25‘000 Gönner finden sich und retten so die Rettung. Das System funktioniert bis heute. 2012 waren es 2,4 Millionen Gönner, die die Rega finanzieren – mit 30 Franken im Jahr. 60 Prozent des Gesamtbudgets kommen dadurch zusammen und die Stiftung gehört so quasi den Schweizern.
Mit der Finanzspritze geht es aufwärts. Das Rettungsmaterial immer ausgefeilter. Die Rettungswinde ermöglicht 1971 erstmals die spektakuläre Rettung zweier Alpinisten direkt aus der Eigernordwand. Auch die erste Repatriierung wird 1971 durchgeführt – ein Patient aus Frankreich wird mit einer privaten Piaggio P-166 Maschine in die Schweiz zurückgebracht.
Eine Nummer für Notfälle
Was einst als Gruppe von flugbegeisterten Piloten begann, entwickelt sich zunehmend zu einer professionellen Organisation, die das dichteste Luftrettungsnetz der Welt hat. 1987 rüstete die Rega als erste zivile Luftrettung mit Nachtsichtgeräten auf, 1997 werden erstmals Hangar, Einsatzzentrale, Logistik und Administration im neuen Center in Kloten unter ein Dach gebracht. 2011 führt sie die satellitengestützte Navigation ein, damit sie auch bei schlechten Sichtverhältnissen und Hochnebel fliegen kann. Auch die Luftmedizin wird ständig weiterentwickelt.
2012 bringt die Schweizer Luftrettung eine Rettungs-App heraus. Über eine halbe Million Mal wird sie bis Ende 2012 heruntergeladen wurde. Laut Rega erfolgte bereits in über 540 Fällen ein Einsatz aufgrund einer App-Alamierung. Derzeit wird nach Möglichkeiten geforscht, dass das Handy auch im Funkloch funktioniert und die Koordinaten automatisch an die Einsatzzentrale sendet. «Ein Hilferuf und sie kommen» soll bei der Rega auch in Zukunft gelten – egal, wo man ist.