Karlheinz Steinmüller, Jahrgang 1950, hat Physik studiert und in Philosophie promoviert. Er ist wissenschaftlicher Direktor der Z-Punkt GmbH mit Sitz in Köln und Berlin, die sich mit Zukunftsstudien für Firmen und Organisationen befasst. Zuvor hatte er am Sekretariat für Zukunftsforschung in Gelsenkirchen gearbeitet und sich unter anderem mit «Wild Cards» befasst: überraschenden Störereignissen und ihren Einfluss auf die Geschichte.
Ein wichtiger Zugang zur Zukunftsforschung ist für Steinmüller seit jeher die Science-Fiction-Literatur, in der immer wieder treffende Vorhersagen von technologischen und anderen Entwicklungen zu finden waren. Von 1982 bis 1990 war er selbst als freischaffender Schriftsteller tätig. Gemeinsam mit seiner Frau Angela verfasste er drei Science-Fiction-Romane, dazu zahlreiche Hörspiele und Essays.
Diese Erfahrungen aus dem Grenzbereich von Literatur und Forschung spiegeln sich auch in Steinmüllers Antworten auf unseren Fragebogen wider:
Ein guter Forscher würde nie ...
Ergebnisse, die nicht zu seinen Auffassungen passen, ignorieren oder unterschlagen, sondern als Ansporn sehen, seine Auffassungen zu überdenken.
Zum Forscher gemacht haben mich ...
keine bestimmten Personen, sondern mein Interesse an grossen, ungelösten oder nur teils gelösten Fragen. Im Grunde also eine Kombination von Neugier und Skepsis.
Den Forschungsplatz Schweiz finde ich ...
Da will ich mir keine Meinung anmassen. Ich kenne den Forschungsplatz Schweiz fast überhaupt nicht.
Mein grösster Erfolg ...
war es, nach zehn Jahren als freischaffender SF-Autor – und dazu noch als Ostdeutscher – 1991 wieder in die Forschung zurückkehren zu können.
Meine grösste Niederlage ...
Ich stand nie so sehr in einem Wettbewerb, dass ich etwas als Niederlage aufgefasst hätte. Fehler, ja, Misserfolge bei Projektanträgen, ja, das gab es. Aber nichts, wofür ich den Kopf hängen lassen würde.
Auf neue Ideen komme ich am besten ...
erstens in einem Zustand der Entspannung, etwa in der Sauna, oder wenn ich nachts aufwache. Und zweitens, wenn ich mit jemanden – wie meiner Frau und Koautorin Angela oder den Kollegen meines Instituts – heiss debattiere.
Das wichtigste Buch für meinen Werdegang ist ...
Meyers Konversations-Lexikon von 1889, dessen Bände ich als Kind immer wieder gern angeschaut habe. Die Romane von Jules Verne waren ebenfalls für mich wichtig, später auch ein paar futurologische Sachbücher wie A. C. Clarkes „Im höchsten Grade phantastisch“ oder St. Lems „Summa technologiae“. Und immer noch finde ich glücklicherweise Bücher oder Artikel, die mir in der einen oder anderen Frage die Augen öffnen.
Jungen Forschern in der Schweiz empfehle ich ...
, ihrer Neugier, ihren wissenschaftlichen Interessen zu folgen und erst in zweiter Linie nach einem gut bezahlten Job Ausschau zu halten.
Die grösste Herausforderung der nächsten 20 Jahre für meinen Forschungszweig wird sein ...
, wie man die Möglichkeiten des Internets und des Web 2.0 für die Zukunftsforschung nutzbar machen kann.
Wenn ich nicht mehr Forscher sein könnte, würde ich ...
mich wieder ausschliesslich der Science Fiction zuwenden. Ich bliebe dabei durchaus an denselben Fragen dran.
Der überflüssigste Forschungszweig ist ...
nein, nicht ein ganzer Zweig. Aber es gibt in vielen Forschungsfeldern unglaublich viele mehr oder weniger überflüssige Projekte und Publikationen. Sie bringen kaum einen Erkenntnisfortschritt und werden zumindest teilweise durch die immer breiter aufgestellte Forschungsbürokratie begünstigt, die in der Regel nur nach formalen Kriterien urteilen kann. Wer sich an diese Regeln hält, kommt durch – nicht der, der den grösseren Geistesblitz oder den spannendsten Forschungsansatz hat.