Fischöl-Kapseln waren lange der letzte Schrei, zum Beispiel, um sich vor Herzkreislauferkrankungen zu schützen. Doch verschiedene Übersichtsstudien haben in letzter Zeit gezeigt: Sie nützen wohl doch nichts. So geht es vielen wissenschaftlichen Ergebnissen: Sie stellen sich als falsch heraus.
Verschwendete Ressourcen
Das sei sowohl für die Wissenschaft selbst als auch für die Öffentlichkeit ein Problem, warnt der Statistiker Valen Johnson von der Texas A&M University im Fachmagazin PNAS . Die Wissenschaft verspiele mit falschen Resultaten das Vertrauen der Öffentlichkeit und verschwende öffentliches Geld, wenn auf der Basis dieser falschen Resultate weiter geforscht werde. Gemäss Johnsons Berechnungen stellen sich rund ein Fünftel bis ein Viertel der publizierten Resultate als falsch heraus.
Das Problem sei, so der Experte, dass Forschende ihre Resultate zu wenig streng prüften – vor allem in der Medizin, der Biologie oder den Sozialwissenschaften. Denn Forschungsresultate sind in den meisten Fällen nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit richtig. Nun werde aber der Irrtums-Wahrscheinlichkeit viel zu viel Raum gelassen – also der Wahrscheinlichkeit, dass die Resultate nur zufällig zustande gekommen sind.
Die Physik als Vorbild
Johnson fordert jetzt ein strengeres Prüfverfahren. Die Irrtums-Wahrscheinlichkeit müsse zehn Mal kleiner sein: statt der heute gültigen fünf Prozent nur noch fünf Promille. Noch viel weiter geht heute schon die Physik. Die Irrtumswahrscheinlichkeit bei der Entdeckung des Higgs-Teilchens am Cern zum Beispiel war viel kleiner als die vorgeschlagenen fünf Promille.
Dass es in den Bio- und Sozialwissenschaften noch nicht so weit sei, liegt laut Johnson wohl daran, dass die meisten Forschenden neue Entdeckungen machen wollten statt vermeintliche Entdeckungen anderer zu überprüfen, wie das in der Physik gang und gäbe ist.
Weniger «Entdeckungen»
Was spricht gegen Johnsons Vorschlag? Zum Beispiel könnten Forschende viel weniger schnell neue Entdeckungen für sich in Anspruch nehmen und müssten im Durchschnitt etwa doppelt so viele Versuchspersonen in ihre Studien einbeziehen.
Das wäre gerade für die Medikamenten-Forschung nicht unerheblich. Dafür würden beträchtlich weniger falsche Resultate veröffentlicht. Fünf bis zehn Mal weniger, hat Johnson berechnet.
Hohe Irrtums-Wahrscheinlichkeit
Mit dem strengeren Prüfverfahren hätte es beispielsweise jene Studie nicht in die Schlagzeilen geschafft, die vermeintlich zeigte, dass der Mensch am Morgen weniger lüge und betrüge als am Nachmittag. Oder jene Studie, der zufolge Menschen weniger auf kurzfristigen Gewinn aus seien, wenn sie Fotos von wilder Natur betrachten als wenn sie Fotos von Städten vor sich haben.
Diese Resultate müssen nicht falsch sein, aber die Irrtums-Wahrscheinlichkeit ist relativ hoch. Nichts spricht also gegen solche Forschung, aber vieles für eine strengere Prüfung.