Der Mond kommt wieder in Mode. Obwohl sein kraterübersäter Südpol ein lebensfeindlicher Platz ist, zieht es Russland und die europäische Raumfahrtagentur Esa dorthin. Schon in fünf Jahren, so der ehrgeizige Plan, wollen beide gemeinsam auf dem Erdtrabanten nach Wasser suchen – als Basis für eine bewohnte Mondstation.
Falls es dazu kommt, würden diejenigen Menschen, die als erste einen Himmelskörper besiedeln, wohl so berühmt wie die ersten Männer, die den Mond betraten: Neil Armstrong und Buzz Aldrin, deren Bekanntheit auch zeigt, dass Ruhm oft ungerecht verteilt wird. Ohne einen Dritten wären sie schliesslich nie heimgekommen.
Teamplayer für historische Mission
Es war Michael Collins, der am 21. Juli 1969 in der Kommandokapsel «Columbia» Warteschleifen um den Mond drehte, als seine Kollegen Armstrong und Aldrin mit der Landefähre «Eagle» auf der Oberfläche des Erdtrabanten landeten. Und als Armstrong seinen legendären Ausspruch «ein kleiner Schritt für einen Menschen, ein grosser Sprung für die Menschheit» tat, schwirrte Collins auf der Rückseite des Himmelskörpers – der Mann hinter dem Mond.
Einsam sei er dabei aber nicht gewesen, beteuerte der Astronaut, der am 31. Oktober 85 Jahre alt wird, einst in einem Interview. «Ich habe mich als Teil dessen gefühlt, was auf dem Mond passiert», sagte er gegenüber der Nasa, «ich weiss, dass ich ein Lügner oder Blödmann wäre, wenn ich sagen würde, dass ich den besten der drei Sitze von Apollo 11 hatte. Aber ich kann ehrlich sagen, dass ich zufrieden mit dem bin, den ich hatte. Die Unternehmung war für drei Männer angelegt und ich sehe mich als genauso notwendig an wie die beiden anderen.»
Vom US-Präsidenten schlicht vergessen
Doch US-Präsident Richard Nixon vergass bei seiner Live-Schalte vom Weissen Haus zum Mond, Collins zu erwähnen und sprach nur zu den beiden anderen – und so ging Collins als der «vergessene Astronaut» in die Geschichte ein. Dabei hatte er drei Jahre vor der «Apollo 11»-Mission schon an einer anderen bedeutenden Weltraumunternehmung teilgenommen – und damals nicht nur als «Chauffeur».
Collins war Pilot der Gemini 10-Mission, der ersten, bei der das Raumschiff an gleich zwei Satelliten nacheinander andockte. Dabei wurde Collins auch der erste Mensch, der sich im All frei schwebend von einem Flugkörper zum anderen bewegte. Und nie zuvor waren Menschen weiter von der Erde entfernt gewesen.
Das alles drei Jahre vor Apollo 11. Und sein Lieblingshimmelskörper, sagte Collins einmal, sei eigentlich nie der Mond gewesen, sondern immer der Mars. «Der Mond ist für einen Himmelskörper eigentlich kein besonders interessanter Ort, aber der Mars schon.» Er hoffe, dass bald Menschen darauf landen könnten.
Pilot, Astronaut, Politiker, Unternehmer, Autor...
Geboren wurde Collins 1930 in Italien als Sohn eines amerikanischen Militärattachés. Seinem Highschool-Abschluss in den USA folgte die Aufnahme in die Militärakademie und Kader-Schmiede «West Point», wo er sich zum Kampfflieger und Testpiloten ausbilden liess. 1963 überstand er die strenge Astronauten-Auswahl der Nasa.
Nur ein Jahr nach seinem Flug zum Mond verliess er die Raumfahrtbehörde jedoch wieder und wurde Ministerialdirektor im Aussenministerium. 1971 übernahm er den Direktorenposten im Nationalen Luft- und Raumfahrtmuseum in Washington. 1980 ging er in die Wirtschaft und gründete später seine eigene Firma. Ausserdem schrieb Collins, der zusammengezählt mehr als elf Tage im All verbracht hat, zahlreiche Bücher über seine Reisen ins All.
Ein Blick zurück in Zufriedenheit
In letzter Zeit aber ist es ruhig geworden um den «vergessenen Astronauten», der zahlreiche Auszeichnungen bekommen hat und nach dem unter anderem ein Mondkrater und ein Zwergplanet benannt sind. 2014 starb seine Frau Patricia, mit der er Jahrzehnte lang verheiratet war und drei inzwischen erwachsene Kinder hat.
Seine Zeit verbringe er, erzählt Collins heute, mit «Laufen, Fahrradfahren, Schwimmen, Angeln, Malen, Kochen, Lesen, Sorgen um die Börsenwerte machen und der Suche nach einer guten Flasche Cabernet für weniger als zehn Dollar». Und er gibt offen zu, dass er «grummelig» geworden sei. «Einige Sachen an der heutigen Gesellschaft irritieren mich», sagte er, «zum Beispiel die Anbetung von Stars und die Inflation des Heldentums.»
Seine eigenen Erfolge sieht er bescheiden. «Es gibt Helden, die auch gefeiert werden sollten, aber Astronauten gehören nicht dazu. Wir arbeiten hart und haben unsere Aufgabe fast perfekt erfüllt. Aber dafür waren wir angestellt worden.» Er habe eben Glück gehabt im Leben. «In meinem Fall waren es 10 Prozent scharfsinnige Planung und 90 Prozent blindes Glück», sagte er, «schreibt ‹glücklich› auf meinen Grabstein.»