Zum Inhalt springen

Header

Inhalt

Naturwissenschaften Neue Schulbücher braucht die Schweiz

Das mit der Elektrizität nie so richtig verstanden? Den Unterschied zwischen Masse und Gewicht auch nicht? Vielleicht liegt es an den Schulbüchern. Klar ist: Die Lehrmittel für Chemie, Physik oder Biologie sind nicht frei von Fehlern.

Schweizer Schulbücher für Naturwissenschaften enthalten veraltete oder falsche Informationen – zumindest einige. Mit der Einführung des Lehrplans 21 werden sie nun überarbeitet. Eine Chance, alles besser zu machen. Aber wie geht man dabei am besten vor? Fünf Dinge, die besser werden müssen:

1. Grobe Fehler verhindern

Die biblische Schöpfungsgeschichte als mögliche Erklärung für die Entstehung des Lebens – aus wissenschaftlicher Sicht ein grober Fehler. Trotzdem schaffte es dieser Ansatz vor zehn Jahren in ein Schweizer Lehrmittel für Naturwissenschaften. Solche Fehler könnten vermieden werden, wenn Forschende bei der Entwicklung naturwissenschaftlicher Lehrmittel mitarbeiten.

Bisher wurden Schulbücher, gerade für die Primarstufe, oft von Lehrpersonen ohne naturwissenschaftliches Studium geschrieben. Lucien Criblez, Professor für Bildungsforschung, hält das für ungenügend: «Besonders im naturwissenschaftlichen Bereich braucht es immer die wissenschaftliche Expertise.»

2. Lehrmittel aktuell schreiben

Wissenschaftler könnten auch einschätzen, ob das vermittelte Wissen aktuell ist. Jürg Brühlmann vom Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz kennt viele Beispiele, wo das nicht der Fall ist: «Die Plattentektonik ist ein schönes Beispiel. Hier waren wir lange mit veralteten Lehrmitteln unterwegs – und sind es zum Teil auch heute noch.»

Die Plattentektonik etablierte sich in den Erdwissenschaften vor etwa 50 Jahren und hat es bis heute nicht in alle Schulbücher geschafft. Auch das Wissen über die Nuklearphysik, das Weltall oder den Energiebereich sei in vielen Büchern veraltet, sagt Jürg Brühlmann.

3. Forschende mit ins Boot holen

Es ist nicht einfach, Wissenschaftler für die Mitarbeit an Schulbüchern zu gewinnen. Sie seien in der Regel mit anderen Dingen beschäftigt, sagt Katharina Fromm, Chemieprofessorin an der Universität Fribourg. Forscher wollten vor allem forschen und ihre Ergebnisse in Fachzeitschriften publizieren.

«Die Mitarbeit an Schulbüchern kostet sehr viel Zeit. Heute muss man die Manuskripte dafür fast schon fertig formatiert und illustriert abgeben», sagt sie. «Da überlegt man es sich schon sehr genau, ob man an einem solchen Buch mitarbeiten soll.»

Die Akademie der Naturwissenschaften Schweiz versucht nun vermehrt, den Lehrmittelverlagen Forscher zu vermitteln, die an Schulbüchern mitarbeiten wollen.

4. Naturwissenschaften für Schüler übersetzen

Verwandte Artikel

Box aufklappen Box zuklappen

Das Fachwissen der Forscher müsse aber auch übersetzt werden, sagt Susanne Metzger. Sie hat Physik und Pädagogik studiert und arbeitet seit mehr als zehn Jahren in der Ausarbeitung von naturwissenschaftlichen Lehrmitteln.

Metzger kritisiert, dass viele Chemie-, Biologie- oder Physik-Bücher grundlegende Ideen aus den Naturwissenschaften auf eine ungeeignete Art erklärten – zum Beispiel die Elektrizitätslehre: «In der Primarstufe soll nicht gelehrt werden, dass Strom verbraucht wird. Strom wird nicht verbraucht. Die Elektronen sind danach nicht weg.» Solche falschen Vorstellungen nähmen die Schülerinnen und Schüler dann mit ins Gymnasium oder in die Berufslehre.

5. Erklärungsbeispiele bieten

Übersetzungen von naturwissenschaftlichen Ideen brauchen auch die Lehrer. Susanne Metzger erklärt: «In den Naturwissenschaften ist es oft so, dass die Lehrpersonen nicht dafür ausgebildet sind und diese Fächer trotzdem unterrichten müssen.» Für Primarlehrer zum Beispiel müssen drei Jahre Ausbildung reichen, obwohl sie später bis zu neun Fächer unterrichten. Mit dieser kurzen Lehrerausbildung steht die Schweiz in Europa bald alleine da.

Derzeit diskutieren Hochschulleiter über eine Verlängerung der Ausbildung. Bis dahin sind korrekte, pädagogisch gute Lehrmittel für Biologie, Chemie und Physik aber besonders wichtig: Sie sollen das ausgleichen, wozu es in der Ausbildung der Lehrpersonen nicht gereicht hat.

Sendungen: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 18.03.17, 12:40 Uhr

Meistgelesene Artikel