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Pendler am Bahnhof Bern
Legende: Wer wenig schläft und viel pendelt ist weniger zufrieden mit dem Leben, sagt Politologe Micheal Hermann. Keystone

Neue Studie Schweizer Männer sind gestresst, Frauen noch mehr

Viele Schweizerinnen und Schweizer finden, sie hätten ständig zu wenig Zeit. Die Gründe dafür zeigt der Politikwissenschaftler Michael Hermann in einer neuen Studie.

SRF: Sie haben im Rahmen Ihrer Studie rund 8000 Menschen befragt. 30 Prozent finden, dass sie häufig oder eigentlich immer zu wenig Zeit haben und deswegen gestresst sind. Was führt denn zum Zeitstress?

Michael Hermann: Zum einen ist das die Arbeit. Viele wollen auch weniger arbeiten. Es gibt aber auch Stress ausserhalb der eigentlichen Arbeit. Da werden zuerst die Hausarbeit und das Administrative genannt.

Dann kommt aber schon wieder die Arbeit: Ein Drittel nennt die Arbeit, die in die Freizeit ausgreift – wenn man etwa noch E-Mails beantworten muss – oder Überzeit.

Michael Hermann

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Portrait von Michael Hermann

Hermann ist Geograf und Politikwissenschaftler. Er ist Leiter der Forschungsstelle Sotomo und lehrt am geographischen und politikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich. Mit der Publikation des «Atlas der politischen Landschaften» begründete Hermann seine Karriere als Kommentator der eidgenössischen Politik.

Und wer hat Stress: die Männer oder die Frauen, junge Menschen oder ältere?

Es sind eher Frauen, die mehr Stress haben – insbesondere Frauen mit Kindern. Interessanterweise bleibt das aber auch so, wenn die Kinder mal grösser sind: Frauen haben mehr Zeitstress als Männer. Offenbar müssen sie immer noch vermehrt verschiedene Tätigkeiten zusammenbringen. Die Männer tun das weniger.

Am wenigsten gestresst – das erstaunt nicht – sind Leute im Rentenalter.

Liegt das an der klassischen Rollenverteilung: Männer arbeiten und Frauen arbeiten und managen die Familie?

Das liegt ganz klar an dieser Konstellation: Die Männer arbeiten im Schnitt mehr, aber der Zeitstress entsteht häufig, wenn man verschiedene Dinge zusammenbringen muss. Wenn man nach Hause kommt und nicht einfach Freizeit hat, sondern auch dann noch Dinge erledigen und an vieles denken muss. Das führt zu einem Gefühl von Stress.

Zeitstudie von sotomo

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Im Auftrag einer Krankenkasse hat die Forschungsstelle sotomo 7958 Schweizerinnen und Schweizer zu ihrem Umgang mit der Zeit befragt. Die Studie ist online zugänglich .

Das Gefühl, als hätte man im Kopf zu viele Programme gleichzeitig laufen?

Genau. Die Programme, die gleichzeitig laufen, stressen mehr, auch wenn sie vielleicht in der Summe gar nicht mehr Zeit brauchen. Man muss immer daran denken, was man gerade nicht machen kann, weil man mit etwas Anderem beschäftigt ist.

Die Männer haben häufiger ein klarer abgegrenztes Programm. Auch wenn sie weniger arbeiten steht vor allem die Freizeit im Vordergrund und nicht das Erledigen anderer Dinge.

Je mehr Stress, desto geringer die Lebenszufriedenheit.

Gibt es auch positiven Stress oder nehmen Menschen Stress auch positiv wahr?

Grundsätzlich ist es so: je mehr Stress, desto geringer die Lebenszufriedenheit. Wer wenig Zeit hat, wenig schläft, viel Zeit braucht zum Pendeln – diese Personen sind im allgemeinen weniger zufrieden mit ihrem Leben.

Trotzdem fallen zwei Dinge auf: Die meisten Leute geben an, dass sie Zeit-Stress benötigen, um effizient arbeiten zu können. Das betrifft besonders Leute, die eine gute Bildung haben und qualifizierte Arbeit machen. Leute mit geringerer Bildung oder solche, die eine einfachere Tätigkeit ausüben, werden eher weniger effizient, wenn sie keine Zeit haben.

Das zweite, was auffällt: Eltern von kleinen Kindern sind die Gruppe, die am meisten gestresst ist, insbesondere die Frauen. Aber diese Gruppe hat eine höhere Lebenszufriedenheit als Frauen und Männer im selben Alter, die keine Kinder haben.

Das Gespräch führte Katrin Becker.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 30.10.2017, 17.08 Uhr

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