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Social Freezing Das Kinderkriegen wird auf Eis gelegt

Dank eingefrorener Eizellen kann man auch in höherem Alter noch Kinder kriegen. Doch das berge Risiken, warnen Forscher.

Wann ist der beste Zeitpunkt, ein Kind zu bekommen? Beim Mann sinke die Zeugungsfähigkeit ab 40 kontinuierlich, sagt Bruno Imthurn. Er ist Reproduktionsmediziner am Kinderwunschzentrum des Universitäts-Spitals Zürich.

Bei der Frau sei es noch dramatischer: «Dort ist die Fruchtbarkeit ziemlich stabil bis zum 35. Altersjahr. Dann fällt sie innerhalb von zehn Jahren dramatisch ab – bis 45 auf beinahe Null.»

Social Freezing erhöht die Chancen

Immer mehr Frauen lassen sich deshalb Eizellen entnehmen und bei -196 Grad einfrieren, um auch nach 35 noch intakte Chancen auf eine Schwangerschaft zu haben.

Die Nachfrage nach Social Freezing steige am Uni-Spital in Zürich steil an, sagt Imthurn: «Vor zwei Jahren war das pro Monat einmal. Jetzt ist es wöchentlich, mit zunehmender Tendenz.»

EIn Mann in Ärztekleidung öffnet ein grosses Gefäss, aus dem Dampf aufsteigt-.
Legende: Das Einfrieren von Eizellen – wie hier in einer Klinik in Spanien – wird immer beliebter. Getty Images / BSIP

Es geht nicht um die Karriere

Schweizweit sind es derzeit etwa 400 Fälle pro Jahr, wie eine neue Untersuchung der Stiftung Technologiefolgen-Abschätzung zeigt. Den Frauen gehe es nicht in erster Linie darum, mehr Zeit für ihre Berufs-Karriere zu gewinnen, sagt Studienleiterin Sarah Fässler: «Die Karriere ist nicht der Hauptgrund. Sondern, dass sie keinen Partner finden, mit dem sie eine Familie gründen könnten.»

Im klassischen Fall sind es Frauen über 30, die sich nach einer längeren Beziehung getrennt haben. Sie sind bereit, 10’000 bis 15’000 Franken auszugeben, um sich Eizellen entnehmen und tiefgefrieren zu lassen.

Risiken bei der künstlichen Befruchtung

Man müsse sich das aber gut überlegen, sagt Fässler, denn es gebe verschiedene medizinische Risiken. Je älter die Frau ist, umso gefährlicher ist die Schwangerschaft für ihre eigene Gesundheit.

Auch für das Kind steigt das Risiko. Nach dem Wiederauftauen müsse das Ei erst künstlich befruchtet und dann in die Gebärmutter eingesetzt werden. Kinder aus künstlicher Befruchtung kommen aber oft zu früh zur Welt – sie haben also schon bei der Geburt erhöhte Risiken.

Und später könnte es für diese Kinder weitere Risiken geben, sagt Fässler: «Es gibt Hinweise auf längerfristige gesundheitliche Risiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen oder Defizite in der kognitiven Entwicklung.» Viele dieser Hinweise müssen wissenschaftlich allerdings noch erhärtet werden.

Zu den medizinischen Risiken können weitere Probleme kommen. Auch im Alltag können Schwierigkeiten auftauchen, wenn Frauen erst mit 45 oder noch später Mütter werden, sagt Fässler: «Wenn die Grossmutter schon betagt ist, kann sie ihre Tochter nicht mehr unterstützen bei der Betreuung der Kinder.»

Und auch der Grossvater sei dann oft nicht mehr so fit, dass er etwas mit den Kindern machen mag. Statt eine Entlastung können Grosseltern so eher zur Belastung werden für ältere Eltern.

Eine Altersgrenze für Social Freezing

Die Studienautoren empfehlen deshalb eine Gesetzesänderung. Heute dürfen tiefgefrorene Eizellen maximal 10 Jahre aufbewahrt werden. Diese Regelung mache aus medizinischer Sicht aber keinen Sinn und solle aufgehoben werden, sagt Fässler: «Stattdessen sollte eine Altersfrist von 45 Jahren eingeführt werden, weil es dafür medizinische, ethische, gesellschaftliche und rechtliche Gründe gibt.»

Eltern, die ein Kind adoptieren wollen, dürfen heute auch nicht mehr als 45 Jahre älter sein als das Kind. Auch andere europäische Länder kennen eine Alterslimite für Social Freezing. Allzu lange sollte man das Kinderkriegen also nicht auf Eis legen.

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