Das Verbrechen geschah im Oktober 2004. Ein junger Mann aus der schwedischen Stadt Linköping ersticht einen achtjährigen Jungen und eine Lehrerin auf dem Weg zur Schule. Am Tatort hinterlässt er die Mordwaffe, an der auch seine Blutspuren kleben.
Verwandte führten zum Mörder
Aus dem Blut haben Forscher die Erbsubstanz, also die DNA des Mörders gewonnen. Doch es dauerte 16 Jahre bis diese DNA den Täter entlarvt hat. Ein schwedischer Ahnenforscher hat ihn indirekt über die Verwandten des Mörders gefunden, deren genetische Profile in einer öffentlichen Gendatenbank gespeichert waren.
An solche Online-Portale können Privatpersonen ihr DNA-Profil schicken, um nach unbekannten Verwandten suchen zu lassen.
Die Anbieter solcher genetischen Stammbäume vergleichen sogenannte genetische Marker miteinander, also festgelegte Abschnitte der DNA. Je mehr dieser Marker übereinstimmen und je ähnlicher sich diese sind, umso näher sind die Personen miteinander verwandt.
«Der Vorteil öffentlicher DNA-Datenbanken ist, dass dort etwa 700‘000 genetische Marker verglichen werden. In den Registern der Polizei werden hingegen nur 15 Marker getestet», erklärt der schwedische Ahnenforscher Peter Sjölund, der den genetischen Stammbaum des Mörders erstellt hat.
Spurensuche in den Genen
Dank einer Ausnahmebewilligung durfte die schwedische Polizei das DNA-Profil des Mörders an einen kommerziellen Anbieter für DNA-Stammbäume schicken. Dort verglich eine Datenbank das DNA-Profil des Mörders mit den genetischen Informationen der anderen Personen, die darin registriert waren.
Dieser Abgleich lieferte mehrere Hundert Treffer, also genetische Übereinstimmungen mit anderen Menschen. «Etwa 30 dieser Personen waren ausreichend nah mit dem Täter verwandt. Doch wir wussten nicht, ob sich ihre Verwandtschaftslinien vielleicht schon vor 250 Jahren gekreuzt hatten», so Sjölund.
Deshalb erstellte der Ahnenforscher mithilfe von sozialen Medien, alten Kirchenbüchern sowie Sterbe- und Geburtsregistern individuelle Stammbäume für diese 30 Menschen. In diesem Puzzle suchte der Forscher nach gemeinsamen Linien mit dem Mörder und verfolgte diese bis in die heutige Zeit zurück.
Danach blieben nur noch fünf Personen als nähere Verwandte des Täters übrig. Sie führten Peter Sjölund auf die Spur von zwei Brüdern aus Linköping. Einer der Brüder hat die Taten kurz darauf zugegeben.
Umstrittene Verbrecherjagd
Mit diesem spektakulären Fall ist erstmals ausserhalb der USA ein Mord mithilfe eines DNA-Stammbaums aufgeklärt worden. 2018 war in den USA bereits der «Golden State Killer» auf diesem Weg entlarvt worden.
Doch die Methode ist umstritten, weil in den Datenbanken die DNA Profile von Privatpersonen gespeichert sind.
In der Schweiz nicht möglich
In der Schweiz ist es derzeit nicht erlaubt, anhand der DNA eines Verbrechers in öffentlichen Datenbanken nach Verwandten zu suchen.
«Kommerzielle DNA-Daten werden heute nicht für die Strafverfolgung verwendet und auch in Zukunft ist da keine gesetzliche Änderung vorgesehen», sagt Florian Näf, Mediensprecher des eidgenössischen Bundesamtes der Polizei fedpol.