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Leben im Streifenhaus: So könnte es ausgesehen haben
Aus Einstein vom 29.01.2015.
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Mensch Streifenhäuser: Römische Architektur von der Stange

War man vor rund 1800 Jahren als römischer Handwerker zu etwas Geld gekommen, träumte mancher wohl vom eigenen Haus, eventuell mit kleiner Werkstatt. Angesichts des begrenzten Budgets bediente sich vor allem die ländliche Bevölkerung einer einfachen aber ziemlich genialen Architektur.

Das römische Strassennetz war in vielerlei Hinsicht so etwas wie das Nervensystem des Imperium Romanum. Innerhalb weniger Tage oder Wochen erreichten Menschen, Waren und Informationen ihr Ziel. Vor allem entlang der Fernstrassen entstanden zwischen den grossen Städten Tausende kleiner Siedlungen, so genannte vici: Hier liessen sich Gastwirte, Händler oder Handwerker nieder, um mit ihren Tavernen, Läden oder Werkstätten vom grossen Strom des Geldes zu profitieren.

Doch im Beamten-Staat Rom durfte nicht jeder einfach bauen, wo und wie er wollte: Das Land wurde genau vermessen, in schmale, streifenförmige Parzellen unterteilt und schliesslich an Bewerber vergeben.

Reihenhaus-Charme aus der Römerzeit

Vor allem Bauplätze an der Fernstrasse innerhalb eines vicus waren heiss begehrt – existenziell wichtig war dabei der direkte Zugang für das Ladenlokal zu Strasse hin. Und so entstand besonders in den Provinzen nördlich der Alpen ein Haustypus, der all dem gerecht wurde und zudem die Vorgaben der örtlichen Verwaltung genau einhielt: Das Streifenhaus.

Bis zu 40 Meter lang und zwischen 10 und 16 Metern breit, so standen diese hallenförmigen Häuser immer mit einer Giebelwand zur Strasse hin. Häufig drängten sie sich zu Dutzenden über einige Hundert Meter – oft Wand an Wand oder mit nur wenig Abstand zum Nachbarn.

Animation des Innenraums des Streifenhauses mit Regalen, an denen Schinken hängen.
Legende: Ein Streifenhaus als Taverne: In Frick vermuten die Archäologen eine Werkstatt und gleichzeitig eine kleine Gaststätte mit Strassenverkauf (Grafik). Kantonsarchäologie Aarau

Den Gehweg vorm Haus musste man per Gesetz mit einem porticus genannten Laufgang überdachen, damit Fussgänger vor jeder Witterung geschützt waren und sich keine schmutzigen Schuhe und Kleider holten. Im Inneren des Hauses waren die Häuslebauer jedoch völlig frei. Man konnte gestalten, wie man es wollte, je nach Beruf brauchte oder, je nach Finanzlage, sich leisten konnte.

Archäologen entdecken römische Streifenhäuser aller Bau- und Ausstattungsarten: Waren die ersten noch aus Holzbalken und Lehmwänden gezimmert, ging man in späteren Zeiten, und wenn man es sich leisten konnte, zu komplett aus Stein gebauten Domizilen über – inklusive Fussbodenheizung, bemalter Wände und teuren Glasfenstern. Einzig: Ein Bad oder WC gab es nie. Das Plumsklo stand hinter dem Haus im Garten und zur Körperpflege ging man in die Therme.

Einblick in das Leben der Römer in Frick

Frick war ganz offensichtlich über einige römische Jahrhunderte hinweg ein recht florierender vicus, denn die Experten der Kantonsarchäologie Aargau haben die Reste von fünf Bauphasen freigelegt. Die Abfälle der ehemaligen Bewohner entdeckten sie in Gruben des ehemaligen Gartens. Sie offenbaren einen bescheidenen, aber immerhin vorhandenen Wohlstand.

Ein makaberes, aber für die Römerzeit wohl ganz normales Detail entdeckten die Aargauer Archäologen ebenfalls im ehemaligen Garten: die sterblichen Überreste von mindestens sechs Hunden und von Babies. Die medizinische Versorgung der ländlichen Bevölkerung war damals schlecht und die Kindersterblichkeit entsprechend hoch. Verstorbene Neugeborene wurden zwar manchmal in teuren Gräbern ausserhalb der Siedlung bestattet – oft aber auch im oder ganz nah am Haus.

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