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Intelligent bauen Häuser klimaverträglich machen – so geht es

Der Bausektor verursacht ein Viertel der Treibhausgasemissionen. Das lässt sich vergleichsweise günstig ändern – wie zwei Beispiele zeigen.

Der Umbau zur klimaneutralen Schweiz ist kompliziert und teuer, so lautet ein oft gehörter Einwand. Architekt Matthias Stöckli hat ihn schon vor 13 Jahren entkräftet. Sein Einfamilienhaus hat ohne Bauland 550'000 Franken gekostet. Geheizt wird das Haus weitgehend mit der Sonne und es hat keinen externen Stromanschluss.

Solares Direktgewinnhaus bei Chur

Das Holzhaus in Maladers ob Chur ist gegen Süden ausgerichtet, sodass es durch die Fenster die Wärme der Sonne auffangen kann. Die Wärme wird im Parterre im grosszügigen Wohn- und Essbereich in Kalksandsteinen gespeichert. Sie wurden eigens dafür in die Decke eingebaut. Auch die vielen schmalen Holzbalken an der Decke speichern die Wärme.

Zusätzlich gibt es einen kleinen Holzherd der bei Bedarf fürs Kochen und fürs Warmwasser genutzt wird. Die Wärme steigt dann weiter durchs schmale Treppenhaus hoch in die Schlafzimmer, wo es ebenfalls keine Radiatoren oder Bodenheizung hat.

Low-Tech spart Geld und Energie

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Der Technikraum im Einfamilienhaus in Maladers hat in zwei Schränken Platz. Üblicherweise sind Heizung, Boiler und Waschküche in einem Einfamilienhaus in einem eigens gebauten Kellergeschoss untergebracht.

Architekt Matthias Stöckli hat sein sogenanntes solares Direktgewinnhaus ganz ohne Keller gebaut und damit viel Geld gespart. Die Batterien für die Stromspeicherungen sind in einem Kasten unter der Treppe untergebracht. Boiler und Waschmaschine stehen im Gang ebenfalls verstaut in einem Kasten.

Es gibt auch kein teures Lüftungssystem und keinen Dampfabzug. Die Feuchte vom Kochen oder Waschen wird vom Holz und den Kalksandsteinen aufgenommen und wieder abgegeben. Die Wärme steigt durch hohe Türen ins Treppenhaus und so in die Schlafzimmer im zweiten Stock.

Dieses sogenannte solare Direktgewinnhaus habe sich nun 13 Jahre schon bewährt, sagt Architekt Matthias Stöckli. Und das obwohl in Maladers die Sonne um die Weihnachtszeit jeweils nur vier Stunden scheint pro Tag. «Wir haben noch nie gefroren.»

Zuerst hatten sie zu viel Strom

Der Strom stammt von der hauseigenen Solaranlage. Sie ist nur etwa 2 auf 10 Meter gross und hängt als Vordach unterhalb des Hauses. So lässt sie sich vom Schnee befreien und optimal auf die Sonne ausrichten. Gespeichert wird der Strom in einem Wandschrank unter der Treppe in einer Reihe von Batterien.

Eine Holztreppe, die in das obere Stockwerk führt.
Legende: Durchs schmale Treppenhaus steigt Wärme aus dem unteren Stockwerk in die Schlafzimmer hoch. Christian von Burg

«Bald hatten wir gemerkt, dass wir zu viel Strom haben», sagt Sandra Gubler, die Frau von Matthias Stöckli. Jetzt brauchen sie den Strom auch für einen Elektroherd zum Kochen und fürs Elektroauto. 8000 bis 10'000 Kilometer fährt Architekt Stöckli pro Jahr zu den Baustellen. «Die Hälfte des Stroms dafür stammt von zuhause.»

Das Nachbarhaus als Back-Up

Im Winter, wenn wenig Sonne scheint, müssen sie den Strom jedoch einteilen. Den Geschirrspüler oder die Waschmaschine timen sie dann bei gutem Wetter auf 11 Uhr. So lässt sich der Strom ohne Speicherverluste nutzen. Und zur Not hilft der Nachbar aus mit einem Stromkabel aus seinem Haus. «Das ist in den letzten 13 Jahren aber nur zwei, dreimal vorgekommen», sagt Stöckli.

Sanierung ohne Mieterhöhung

Neue Häuser lassen sich heute an vielen Lagen so bauen, dass sie im Betrieb, also fürs Heizen, Warmwasser und den Strom kaum mehr CO₂-Ausstoss verursachen. Der grösste Teil der Schweiz besteht aber aus Altbauten. Wie lassen sich diese Häuser CO₂-frei machen – und das möglichst ohne Mieterhöhung?

Genau das war das Ziel in der Genossenschaftssiedlung La Paix in Nyon mit 104 vergleichsweise günstigen Wohnungen aus den 50er-Jahren. «Wir hatten 5.3 Millionen Franken im Sanierungsfonds», sagt Sandrine Pasquier, die Verwalterin der Genossenschaft, «damit wollten wir das Maximum rausholen».

Energetisch sanierte Siedlung in Nyon

Mit dem Geld haben sie die Dächer der neun Häuser isoliert und komplett mit Photovoltaikmodulen belegt. Mit dem Strom werden unter anderem die neu eingebauten Wärmepumpen betrieben, mit denen die Häuser jetzt beheizt werden. Die alte Gasheizung blieb zur Sicherheit drin. «Gebraucht haben wir die seit der Sanierung vor drei Jahren aber nie mehr», sagt Pasquier.

Der CO₂-Ausstoss der Siedlung wurde so um 90 Prozent gesenkt. Allerdings interessiere das in der Siedlung die wenigsten. Denn hier wohnen kaum Klima-Pioniere wie in Maladers. «Hier stehen manchmal auch im Winter Fenster tagelang offen», sagt Pasquier, «die Menschen wollen günstig und gut wohnen, das ist die Hauptsache.»

Häuser helfen sich untereinander aus

Wenn irgendwo Strommangel herrscht, helfen sich die neun Häuser mit einem ausgeklügelten System untereinander aus. In jedem Haus steht neu eine Batterie. «So stammt jetzt etwa 60 bis 70 Prozent des verbrauchten Stroms von den eigenen Dächern», sagt Roman Joye, Energiespezialist von der Firma Impact Living, welche die technische Umsetzung der neuen Energieversorgung gemacht hat.

CO₂-Ausstoss beim Bau ist entscheidend

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Ein durchschnittlicher Neubau verursacht während der Bauphase mehr Treibhausgase als der Betrieb von Heizung und Warmwasser in den folgenden 60 Jahren.

Insbesondere Beton und Stahl sind wahre Klimakiller. Ihre Herstellung verursacht sehr viel CO₂-Emissionen. Beim Haus in Maladers ist deshalb nur das Fundament betoniert. Die Armierungen, also der Stahl, der zur Festigung einbetoniert wird, ist dabei auf ein Minimum reduziert worden. Der Rest des Hauses besteht zum grössten Teil aus lokalem Holz.

Das CO₂, das die Bäume während des Wachstums aufgenommen haben, ist so im Haus gespeichert. Auch die mit 120 Quadratmetern vergleichsweise bescheidene Wohnfläche führt dazu, dass das Haus insgesamt nur etwa ein Drittel der sonst üblichen CO₂-Emissionen beim Bau verursacht hat.

Den restlichen Strom bezieht die Genossenschaft wie früher von den städtischen Werken Nyon. Der eigene Strom ist allerdings ein bisschen günstiger und in Notlagen liesse sich zumindest die Grundversorgung der Siedlung auch autark betreiben. Das hat ein eintägiger Test gezeigt. «Das könnten auch Hunderte von anderen Siedlungen in der Schweiz so machen», sagt Verwalterin Sandrine Pasquier, «man muss es nur anpacken».

Wissenschaftsmagazin, 21.9.2024, 12:40 Uhr

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