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Problem Plastikmüll – Fünf Lösungsansätze für unser Kunststoffproblem
Aus Einstein vom 09.06.2023.
Bild: SRF abspielen. Laufzeit 36 Minuten 46 Sekunden.
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Unglaubliche Entdeckung Schweizer Forschende finden einen Pilz, der Plastik frisst  

Weltweit entdecken Forschende Mikroorganismen, die Kunststoff zersetzen. Können diese Enzyme unser Plastikproblem lösen? 

Joel Rüthi hat ihn gefunden, den Pilz 943 – nicht alleine, zusammen mit seinem Team der Eidgenössischen Forschungsanstalt Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Das Team forscht unter anderem im Engadin daran, wie unser Plastik-Problem dank der Natur gelöst werden könnte.  

Der Super-Pilz 943 könnte dabei helfen. Das Spezielle an 943 ist: der Pilz hat Enzyme in sich, die nicht nur Bio-Plastik (PLA) zersetzen, sondern sie tun dies bei kühlen Temperaturen. Innert zwei Monaten ist die Hälfte eines Bioplastikstückes bei 15° Celsius abgebaut. Das kann viel Energie sparen.  

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So frisst der Pilz 943 Bio-Plastik
Aus Wissen Webvideos vom 08.06.2023.
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Bislang unentdeckt 

Der Pilz 943 gehört zur Gattung Nadelholz-Haarbecherchen. Bisher ist er nicht genau beschrieben, das heisst: eine neue Spezies in dieser Gattung.  Und es könnte noch mehr geben.

Der Mikrobiologe Joel Rüthi sagt: «Es ist erstaunlich, wir haben erst ein Prozent aller Mikroorganismen auf der Welt kennengelernt. Und wir wissen, dass es an unserem Forschungsstandort auf dem Schafberg noch mehr hat. Deshalb stehen die Chancen gut, dass wir hier weitere Mikroorganismen finden, die auch Plastik zersetzen können.»   

Was können Enzyme?

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Die meisten Enzyme sind Proteine. Enzyme sind Biokatalysatoren, die chemische Reaktionen innerhalb eines Organismus beschleunigen. Die spezifischen Enzyme, welche unterschiedliche Kunststoffe zersetzen, wandeln die verschiedenen Plastiksorten in Energie um, welche sie zum Wachsen brauchen. In diesen Fällen verwerten sie den Kunststoff also als Nahrung.  

Rüthi ist Erstautor der Studie, die im Fachblatt «Frontiers in Microbiology» publiziert wurde. Neben dem Pilz 943 haben die Forschenden noch weitere Bakterien und Pilze gefunden, die verschiedene Kunststoffe abbauen, wie SRF News berichtete.   

Löst die Natur so unser Plastik-Problem?   

Nicht nur in der Schweiz liegt unentdecktes Potenzial. Weltweit suchen Forschende intensiv nach solchen Enzymen. Mit Erfolg. Kürzlich haben australische Forscher in der Larve des Schwarzkäfers ein anderes Enzym gefunden. Genauer gesagt in dessen Darm. Die Larven können Polystyrol, also Styropor, verdauen. Polystyrol zählt zu den synthetischen Polymeren und wird aus Erdöl hergestellt.

Schwarzkäferlarven haben ein aussergewöhnliches Werkzeug im Mund. Damit schreddern die Insekten das Styropor oder anderen Kunststoff. Im Darm zersetzt dann ein Enzym den Kunststoff. Aber nicht alles, wie das Experiment von Einstein zeigt. Einzelne Styroporstücke werden von den Larven wieder ausgeschieden.   

Es wird noch ein paar Jahre dauern 

Dennoch: Die Forschung des Österreichers Chris Rinke von der University of Queensland zeigt, dass die Larven das Styropor durchaus als Nahrung verwerten konnten. Doch die Natur könne das Problem nicht alleine lösen, meint Forscher Chris Rinken: «Die Evolution ist eher langsam, aber das Potenzial des enzymatischen Abbaus ist gross. Wenn wir dieses Potenzial nutzt wollen, müssen wir die Enzyme ins Labor bringen und sie so verbessern, damit der Zersetzungsprozess noch schneller geht.» 

Genau das haben die australischen Forscher gemacht. Sie haben das Enzym isoliert und erproben es nun im Labor. «Im Moment haben wir die Gene für die Bakterien gefunden – die Stoffwechselwege lernen wir erst kennen. Es wird bestimmt noch ein paar Jahre dauern, bis wir so weit sind.» Und diese Käfer uns als kleine Recycling-Anlagen dienen könnten. 

Weitere Forschung in der Schweiz nötig  

So weit ist man in der Schweiz noch nicht. Zwar haben Joel Rüthi und seine Kollegen der WSL gezeigt, dass der Pilz Bio-Kunststoff bei geringen Temperaturen zersetzt, doch welches Enzym genau dahintersteckt und was andere vielleicht noch alles können, das werden künftige Forschungsprojekte zeigen müssen.

Einstein, 08.06.2023, 21:05 Uhr

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