Roman Wiget beschäftigt sich beruflich schon seit vielen Jahren mit Grundwasser. Doch ob den Resultaten jener Studie aus dem Sommer 2019 war er sehr überrascht: «Ich hätte nicht gedacht, dass die Abbauprodukte von Chlorothalonil in so hohen Konzentrationen gefunden würden.» Chlorothalonil ist ein Pilzbekämpfungsmittel, das fast 50 Jahre lang in der Schweizer Landwirtschaft verwendet wurde. Eine Pilotstudie des eidgenössischen Wasserforschungsinstituts Eawag konnte dessen Abbauprodukte vielerorts im Grundwasser nachweisen.
Roman Wiget ist Geschäftsführer der Seeländischen Wasserversorgung Worben, die für mehrere Zehntausend Menschen Trinkwasser aus dem Grundwasser gewinnt. Das Wasser aus der Fassung bei Worben ist stark von den Verschmutzungen betroffen: Die unerwünschten Stoffe überschritten den Grenzwert für Pestizide im Trinkwasser um fast das 20-fache . Gesundheitsschädlich sind die Stoffe in den gemessenen Konzentrationen nicht. Darüber sind sich Fachleute des Bundes und aus verschiedenen Kantonen einig.
Unerwünschte Substanzen sollen aus dem Trinkwasser
Trotzdem positionierte sich Wiget früh mit klaren Worten: Diese Abbauprodukte müssten aus dem Trinkwasser herausgefiltert werden. Nur: noch vor wenigen Jahren hatte man dafür kaum eine Lösung . «Die Umkehrosmose war damals das einzig bekannte Verfahren, das es schaffte, die Abbauprodukte von Chlorothalonil aus dem Trinkwasser zu entfernen», sagt er.
Es ist unschön, dass wir jetzt Trinkwasser filtrieren müssen, das jahrhundertelang ohne Qualitäts-Risiken genutzt werden konnte.
Doch dieses Verfahren braucht sehr viel Strom und es fallen grosse Mengen an problematischem Abwasser an. Zwar bewilligten die Mitglieder der Seeländischen Wasserversorgung den Baukredit von knapp zwei Millionen Franken – aber Roman Wiget haderte mit den Nachteilen des Verfahrens.
Feinstes schwarzes Pulver mit riesiger Oberfläche
Er und sein Team starteten darum Versuche mit Aktivkohle. «Das Erstaunliche an Aktivkohle ist seine enorm grosse Oberfläche», sagt Wiget. Würde man wenige Gramm davon flach auswalzen, erhielte man die Oberfläche eines Fussballfeldes. «An dieser Oberfläche bleiben die Abbauprodukte des Chlorothalonils kleben», sagt Florence Bonvin, wissenschaftliche Leiterin des Unternehmens Membratec, das zusammen mit Roman Wiget weiter an einem Reinigungsverfahren getüftelt hat.
«Normalerweise brauchen die Verschmutzungen aber zu lange, bis sie alle auf der Aktivkohle kleben», so Bonvin. Deshalb versuchte sie, die Aktivkohle feiner und feiner zu mahlen. Dadurch wird deren Oberfläche nochmals grösser. In der Pilotanlage in Worben liessen sich die unerwünschten Moleküle damit deutlich effizienter herausfiltern. Die Aktivkohle musste seltener ausgewechselt werden und das Verfahren wurde wirtschaftlich.
Dieser Aktivkohle-Filter soll darum nicht teurer ausfallen als die ursprünglich angedachte, problematischere Umkehrosmose – und könnte noch dieses Jahr in Betrieb gehen. Roman Wiget freut sich, dass er nun doch noch ein umweltfreundlicheres Verfahren gefunden hat. Gleichzeitig sagt er, erneut mit bitterer Stimme: «Es ist unschön, dass wir jetzt Trinkwasser filtrieren müssen, das jahrhundertelang ohne Qualitäts-Risiken genutzt werden konnte. Das zeigt klar, dass der Schutz des Grundwassers nicht genügend ernst genommen wurde.»