Zum Inhalt springen

Header

Audio
Vögel: Artensterben in den Alpen
Aus Kultur-Aktualität vom 15.07.2020. Bild: imago images / blickwinkel
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 2 Sekunden.
Inhalt

Artensterben in den Alpen Für Bergvögel wird die Luft dünn

In den Bergregionen gibt es immer weniger Vogelarten. Eine neue Studie sagt: Schuld sind der Klimawandel und die Landwirtschaft.

Bergpieper, Alpenbraunelle oder Steinhuhn: Sie alle leben in den Bergen – und werden immer seltener.

Wissenschaftler der Universität Zürich und der Vogelwarte Sempach haben die Entwicklung der vergangenen 20 Jahre beobachtet. In einer neuen Studie kommen sie zum Schluss: Nicht nur der Klimawandel verändert die Vogelwelt in den Bergen, sondern auch die Landwirtschaft.

Immer mehr Bergbauern geben ihre Höfe auf. Felder werden nicht mehr bewirtschaftet. Wegen der wärmeren Temperaturen wachsen Wälder und Büsche nach, welche die Bergvögel nicht mögen.

Die Bergbauern, die noch bleiben, bewirtschaften wiederum ihre Felder immer intensiver – ebenfalls zum Leid der typischen Bergvögel.

Ein rötlicher-grauer Vogel in einer Berglandschaft.
Legende: Wird leider immer seltener: die Alpenbraunelle. imago images / blickwinkel

Ohne Blumenwiese keine Bergvögel

«Wenn zu viel Dünger eingesetzt wird, zu viele Pestizide verspritzt werden, dann verschwinden Blumenwiesen. Es verschwinden aber auch Hecken und Kleinstrukturen. Am Ende bleibt das Einheitsgrün der Fettwiesen», erklärt Livio Rey, Sprecher der Vogelwarte Sempach.

Damit verschwinden auch Insekten, viele Schmetterlinge und Heuschrecken, denn die sind auf Blumenwiesen angewiesen. «Und wenn sie verschwinden, dann verschwinden auch die Vögel», ergänzt Rey.

Die Folgen: Einerseits verschwinden die typischen Bergvögel. Andererseits rücken Vögel nach, die sonst im Mittelland zu Hause wären, wie etwa die Goldammer oder die Heidelerche. Aber das bedeutet nicht etwa, dass die Artenvielfalt grösser wird – im Gegenteil.

Häufige Arten werden häufiger

«Die Vogelarten, die neu in die Berge kommen, sind Generalisten, also die häufigen Arten, die schon gut vertreten sind im Mittelland. Die spezialisierten Arten der Berge verschwinden», stellt Livio Rey fest.

Das heisst: Häufige Arten werden häufiger, seltene Arten werden seltener. Somit gibt es weniger Arten, die speziell in einer Region oder in den Bergen vorkommen.

Zu den häufig vorkommenden Generalisten zählen etwa Krähen, die mit allem klarkommen – mit Blumenwiesen, früher gemähten Wiesen oder Wäldern. Ein spezialisierter Vogel wäre zum Beispiel das Braunkehlchen. Das braucht vor allem Magerwiesen, die spät gemäht werden.

Blumenreiche Magerwiese in St. Antoenien-Partnun im buendnerischen Praettigau.
Legende: Blumenreiche Magerwiesen wie hier in St. Antoenien-Partnun nehmen leider ab – und damit auch die Artenvielfalt. KEYSTONE/Arno Balzarini

Die Entwicklung, dass spezialisierte Bergvölker von Vögeln verdrängt werden, die auch im Mittelland leben, haben die Wissenschaftler in den vergangenen 20 Jahren beobachtet.

Livio Rey hofft nun, dass in den nächsten 20 Jahren die Bergvögel nicht ganz aus unserem Land verschwinden.

Er appelliert deshalb an die Politik: Sie müsse Massnahmen ergreifen, um den Klimawandel zu stoppen und die Landwirtschaft regulieren. Damit wir nicht dieselben ökologischen Fehler in den Bergen machen, die wie früher im Mittelland schon gemacht haben.

Sendung: Kultur aktuell, Radio SRF 2 Kultur, 15.7.2020, 6.50 Uhr

Meistgelesene Artikel