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Bedrohte Bestäuber Ohne Hummeln keine Tomaten

Hummeln sind wichtige Bestäuber – doch sie werden rar. Englands führender Hummelforscher macht sich auf die Suche nach Insekten, die gemeinhin unterschätzt werden.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Hummeln sind wichtige Bestäuber – ohne sie gäbe es keine Tomaten.
  • Hummeln sind bedroht, weil der Mensch mit der intensiven Landwirtschaft und der Hummelzuchtindustrie sein Unwesen treibt.
  • Der englische Insektenforscher Dave Goulson will sie retten.

Entgegen der landläufigen Meinung sind nicht die Honigbienen die fleissigsten Bestäuber, sondern ihre wildlebenden Verwandten: Wildbienen und Hummeln. Sie bestäuben zwei Drittel aller Früchte und Gemüsesorten.

Genauso wie den Honigbienen ist es auch um die Hummeln schlecht bestellt. Der britische Hummelforscher Dave Goulson hat sich aufgemacht, die mittlerweile selten gewordenen Hummeln zu suchen – und hat ein Buch darüber geschrieben.

Hummeln kennen einen Trick

Einige Früchte sind ausschliesslich auf die Hummeln angewiesen, um sich fortpflanzen zu können – zum Beispiel Tomaten. Honigbienen sind für diesen Job ziemlich hoffnungslose Kandidaten, schreibt Dave Goulson in seinem Buch.

Schuld daran sind die Tomatenpollen. Sie kleben besonders fest am Pollensack. An die proteinreichen Leckerbissen kommt nur die Hummel ran. Sie kennt nämlich einen speziellen Trick: Sie beisst sich an der Blüte fest, vibriert mit den Flügeln und schüttelt den Pollen aus der Blüte heraus.

Kaum noch Nektar und Pollen

Um die besondere Bedeutung der Hummel geht es im Buch von Dave Goulson. Der Biologe sucht an Plätzen rund um den Globus nach den selten gewordenen Insekten und kommt dabei unweigerlich den Gründen auf die Spur, warum sie bedroht sind.

Buchhinweis

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Dave Goulsons neues Buch heisst «Die seltensten Bienen der Welt». Damit meint er aber die Hummeln. Denn biologisch gesehen gehören die Hummeln zur Familie der Bienen. Das Buch ist im Carl Hanser Verlag erschienen.

Er sucht in Gegenden mit intensiver Landwirtschaft, wo riesige Monokulturen blütenreiche Wiesen verdrängt haben. Dort bleibt den Hummeln kaum noch Nektar und Pollen, um sich zu ernähren. Auch giftige Pestizide machen den Hummeln das Leben schwer.

Krankheiten in die ganze Welt verschifft

Eine weitere bedeutende Rolle spielt die Zuchtindustrie mit Hummeln. Sie entstand in den 1980er-Jahren, nachdem ein Insektenliebhaber bemerkte, wie effizient die Hummeln Tomaten bestäuben. Denn die Tomaten wie früher von Hand zu bestäuben, war nicht nur umständlich und teuer – die Tomaten schmecken einfach besser.

Doch die kommerziell gezüchteten Hummelnester führten zum Niedergang vieler wilder Hummelarten. Weil alle Gemüseproduzenten von den effizienten Zuchthummeln profitieren wollen, werden die gezüchteten Hummelnester in die ganze Welt verschifft -– und mit ihnen auch Probleme: Bis heute ist es unmöglich, Hummelnester ohne Krankheitserreger zu züchten. Seit Jahren schon werden unbeabsichtigt Krankheiten verbreitet, gegen die heimische Arten nicht gewappnet sind.

So riesig wie fliegende Mäuse

In Südamerika beispielsweise verbreiteten sich die kommerziellen Hummeln innert kürzester Zeit über tausende von Kilometern, überwanden hohe Pässe in den Anden und durchquerten sogar unwirtliche Wüsten.

Hummel auf einer Blüte.
Legende: Monokulturen und giftige Pestizide machen den Hummeln das Leben schwer. imago/blickwinkel

Die importierten Zucht-Hummeln machen einer Hummelart zu schaffen, die besonders einzigartig ist: der grössten Hummelart der Welt. Sie ist so riesig, dass die Königinnen aussehen wie fliegende Mäuse. Sie können bis zu vier Zentimeter gross werden. Die einst häufige Riesenhummel war wie vom Erdboden verschluckt, als Dave Goulson nach ihnen suchte.

Einbruch in ein Naturschutzgebiet

Hummeln begeistern den Biologen Dave Goulson. Für seine Nachforschungen scheut er keine Hindernisse. Er bricht in ein Naturschutzgebiet ein, tourt in einem vermosten VW-Bus auf schottischen Inseln herum und begegnet auf seiner Suche nach den Hummeln allerhand sonderbaren Tieren und Menschen.

Dave Goulson besticht mit seinem sympathischen englischen Humor. Ein Buch, das trotz der negativen Fakten süchtig macht und einen anspornt, Ackerunkräuter auf dem Balkon zu sähen – als Refugium für die kostbaren pelzigen Flieger.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 18.7.2017, 17:22 Uhr

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