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Brände in Australien Viele Ökosysteme Australiens könnten verloren sein

Allmählich werden die schweren Folgen der gigantischen Buschbrände auf die Tier- und Pflanzenwelt sichtbar. Viele Arten sind nun vom Aussterben bedroht.

In den letzten Tagen fielen in Australien zwar Sturzfluten und riesige Hagelkörner vom Himmel. Aber inzwischen ist es wieder trocken und heiss geworden und noch immer wüten im Südwesten um die 70 Brände.

Die Krise ist also noch nicht ausgestanden, zumal erneut Hitzeperioden vorausgesagt, die die Brände erneut anfachen könnten.

Am eigenen Leib hat der Naturschutzprofessor Brendan Wintle von der Universität Melbourne die Brände zu spüren bekommen: «Das Dorf Mitta Mitta, in dem ich lebe, war von drei Seiten von Feuer umgeben.»

Nahrung ist weggebrannt

Mehrfach wurden die Bewohner evakuiert, aber bisher blieb Mitta Mitta verschont. Ganz anders sieht es im Tal daneben aus: Dort wüteten die Flammen erbarmungslos.

Brendan Wintle berichtet, dass in Mitta Mitta gerade besonders viele Vögel zu sehen und hören sind: Es sei unklar, ob es sich um Vögel auf normaler Wanderschaft handle oder ob sie aus den verbrannten Gebieten geflüchtet seien.

Ein Koala auf dem Arm eines Arztes
Legende: Tierärztinnen und Freiwillige kümmern sich beispielsweise um Koalas. Keystone / EPA / DAVID MARIUZ AUSTRALIA AND NEW ZEALAND OUT

Obwohl schätzungsweise eine Milliarde Tiere in den Bränden umgekommen sind, können sich viele Tiere durchaus vor den Flammen retten – denn kleinere Buschbrände kommen in Australien oft vor, und die Fauna hat sich angepasst. Manche Eidechsen überleben in ihren unterirdischen Wohnhöhlen. Kleinere Beuteltiere suchen Schutz in den Erdbauten, die die Wombats – ebenfalls Beuteltiere – anlegen.

Doch wer die aktuellen grossen Feuerwalzen überdauert hat, ist noch lange nicht gerettet: Die Tiere brauchen kleine Flecken von Vegetation, um sich zu ernähren. In den riesigen Brandflächen gibt es das aber oft nicht mehr – und die Tiere verhungern.

Fehlende Verstecke

Viele andere Überlebende werden gefressen, weil in der verkohlten Mondlandschaft Verstecke fehlen. Füchse und verwilderte Katzen wandern kilometerweit in die Brandregionen, um dort zu jagen.

Besonders schlecht sind die Aussichten für bereits gefährdete Arten, deren Verbreitungsgebiet stark von den Bränden betroffen wurde. Hunderte von Spezialisten sind ausgeschwärmt, um Nothilfe zu leisten, sagt Wintle: «Hungernde Tiere werden in unzerstörte Regionen verfrachtet, die ihrem Lebensraum entsprechen. Und falls es dies gar nicht mehr gibt, bringen die Retter sie in Auffangstationen.»

Die Naturschutz-Spezialisten suchen auch Orte, wo Reste seltener Ökosystemen von den Bränden verschont wurden. Diese sollen künftig ganz besonders vor Feuern geschützt werden.

Verlust des Naturerbes

Wie dringend solche Massnahmen sind, zeigen erste Analysen: Im Bundesstaat Viktoria allein haben etwa 185 Tier- und Pflanzenarten rund die Hälfte ihres Lebensraums verloren.

«Bestätigt sich dies, sind sie alle vom Aussterben bedroht», sagt Wintle. In allen Brandgebieten zusammen, sind die Lebensräume von mehr als 300 bedrohten Tier- und Pflanzenarten betroffen.

Australien droht ein gewaltiger Verlust seines einzigartigen Naturerbes, klagt Wintle: «Erstaunliche Arten wie das Bürstenschwanz-Felskänguru oder der Riesengrab-Frosch sind zum Beispiel gefährdet.»

Die Zukunft sehe noch düsterer aus: Die australische Natur sei zwar ans Feuer angepasst – aber nicht an solch gigantische, wie sie jetzt gewütet haben. Mit der Klima-Erwärmung wird es noch heisser werden und die Dürren schwerer – all dies wirke wie ein Brandbeschleuniger, sagt Wintle: «Die Brände haben sich in den letzten fünf Jahren auf so erschreckende Art verändert, dass sich viele Wissenschaftler fragen, ob viele Ökosysteme für immer verloren sind.»

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