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Erdbebenarchiv am Grimselpass «Die Kügelchen sind stumme Zeugen eines Erdbebens»

Forscherinnen der Universität Bern haben am Grimselpass ein sogenanntes Erdbebenarchiv gefunden. Wissenschaftsredaktorin Katrin Zöfel erklärt, was das ist und welche neuen Erkenntnisse über alte Erdbeben dadurch gewonnen werden können.

Katrin Zöfel

Wissenschaftsredaktorin

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Katrin Zöfel ist studierte Biologin. Sie arbeitet seit 2016 in der SRF-Wissenschaftsredaktion in Basel.

SRF: Wie findet man ein Erdbebenarchiv?

Katrin Zöfel: Solche Archive gibt es verschiedene. Beim Archiv am Grimselpass haben Wissenschaftlerinnen Gestein gefunden, das aus ganz charakteristischen, winzigen Gesteinskügelchen besteht. Sie sind jeweils mit einer ganz dünnen Quarzschicht überzogen.

Was haben diese Kügelchen mit einem Erdbeben zu tun?

Die Kontinentalplatten, die festen Schichten der Erdkruste, bewegen sich bei einem Erdbeben schnell und ruckartig. Dabei entstehen Risse im Gestein.

Diese Risse füllen sich dann schnell mit heissem Wasser, das von unten aufsteigt und winzige Gesteinspartikel mit nach oben reisst. Gleichzeitig bildet sich unter diesen Bedingungen eine dünne Quarzschicht um die Gesteinspartikel herum – fertig sind die Kügelchen.

Wenn es davon ganz viele gibt, dann werden sie zementiert und lagern sich im Riss ab: als stumme, aber eindeutige Zeugen eines Erdbebens.

Um den Grimselpass herum ist geologisch gesehen viel los.

Wieso gibt es am Grimselpass so ein Archiv?

Die Alpen sind heute noch ein Gebiet, das sich hebt und faltet. Das Archiv, das jetzt entdeckt wurde, ist drei Millionen Jahre alt. Als es entstand, war das Gestein noch zwei bis drei Kilometer unter der Erdoberfläche.

Um den Grimselpass herum ist geologisch gesehen also viel los, und das Unterste kann mit der Zeit ganz oben landen.

Die Forscherinnen wissen jetzt also: vor ein paar Millionen Jahren gab es im heutigen Grimselgebiet ein heftiges Erdbeben – oder mehrere heftige Erdbeben?

Das waren keine starken Erdbeben, die Erdbebenaktivtät war damals in dieser Tiefe eher schwach. Das ist auch heute noch so. Es ruckelt immer wieder, aber so wenig und so tief unten, dass Menschen es nicht richtig mitbekommen.

Die Forscher haben neu herausgefunden, dass es vor drei Millionen Jahren ungefähr so war wie heute noch in dieser Tiefe, an der Stelle.

Ein Erdbebenarchiv liefert Daten über ein Ereignis, das weit zurückliegt.

Was bringt uns diese Erkenntnis?

Richtig gute Messungen für Erdbeben gibt es noch nicht lange. Erdbeben treten an vielen Stellen auf der Welt, aber nur alle paar hundert Jahre auf. Und so weit reichen die modernen Messungen natürlich nicht zurück.

Um Muster zu erkennen, zu verstehen, wie sich ein bestimmtes Gebiet verhält, müsste man weiter zurückschauen können. So ein Erdbebenarchiv im Gestein kann dafür die Daten liefern – Information über ein Ereignis, das viel weiter zurückliegt als alle Messungen, die es heute gibt.

Konnte man dank einem Erdbebenarchiv schon ein Erdbeben voraussagen?

Geologen nutzen in jedem Fall, was sie kriegen können. In Kalifornien etwa, wo es relativ oft grosse Beben gibt, sind die Informationen, die Forscher aus dem Gestein – also aus Spuren, die frühere Beben im Gestein hinterlassen haben – extrem wertvoll, sonst wüsste man da wirklich wenig.

Hier in der Schweiz sind solche Archive auch wichtig um zu verstehen, wie heisses Wasser sich im Gestein bewegt. Das hilft, wenn man Geothermie-Anlagen bauen will.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

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