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Maikäferplage Wenn die Maikäfer zuschlagen

An manchen Orten in den Voralpen sind die Maikäfer los – zu Tausenden. Sie richten grossen Schaden an. Bekämpft werden sie mit einem Pilz.

  • In Valzeina (GR) kommen Engerlinge in Massen vor – rund 300 Stück pro Quadratmeter.
  • Die Engerlinge fressen die Wurzeln von Gräsern: Dies führt zu brauen Stellen auf den Wiesen und kann für Bauern einen Totalschaden anrichten.
  • Abhilfe schafft ein Pilz, der sich wie eine Grippe-Epidemie über die Engerlinge hermacht.

In den letzten Tagen sind im bündnerischen Valzeina tausende Maikäfer aus der Erde gekrabbelt. Weil eine Maikäferplage droht, haben Bauern Christian Schweizer um Hilfe gebeten. Christian Schweizer ist Insektenforscher an der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Agroscope und beobachtet die Lage in Valzeina seit längerem.

Als er das letzte Mal vor Ort die Erde untersuchte, waren die haselnussbraunen Flieger noch Engerlinge. 300 Engerlinge fand Christian Schweizer pro Quadratmeter. «Wenn nur zehn Hektaren betroffen sind», sagt Christian Schweizer, «fliegen hier Millionen von Käfern.»

Die Nachkommen fressen die Wiesen kahl

Die Schäden, die ausgewachsene Maikäfer anrichten, sind vernachlässigbar. Denn die Bäume, die sie am Waldrand anknabbern, treiben wieder aus.

Viel grössere Schäden verursachen ihre Nachkommen. Wenn die nur Millimeter grossen Engerlinge in der Erde schlüpfen, machen sie sich unter den Wiesen über die Wurzeln von Gräsern her. Erfahrungsgemäss zeigen sich bereits ab 20 Engerlingen pro Quadratmeter erste Schäden: Im Herbst werden die Wiesen kahl und braune Stellen sichtbar. Ein Jahr darauf wächst dann kaum mehr etwas.

«Das kann für den Landwirt zu einem Totalschaden führen», sagt Christian Schweizer. Er beziffert die Schadenssumme auf bis zu 3000 Franken pro Hektare.

Engerling auf Erde
Legende: Gefrässige Zeitgenossen: Engerlinge. Colourbox

Viele Engerlinge in den Voralpen

Geschichte der Maikäferplagen

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Noch vor den 1950er-Jahren waren Maikäferplagen gefürchtet. Kinder sammelten die Käfer schachtelweise ein. Später, in den 1950er- und 1960er-Jahren, sprühte man mit Flugzeugen die starken Insektizide Lindan und DDT. Damit waren zwar die gefürchteten Maikäferplagen vom Tisch, allerdings litten auch Vögel und Fische unter dieser massiven Chemiekeule.

Von der Engerling-Plage sind vor allem Wiesen in den Voralpen betroffen. Im Schweizer Flachland kommen die Maikäfer-Larven nur noch vereinzelt vor.

Zum Überleben brauchen sie unberührte Wiesen. Gräbt der Bauer die Erde zu Ackerland um, gehen die Engerlinge ein. Sie ertragen es nicht einmal, wenn die Wiese als Weide dient. Trampeln Kühe über die Wiese, sind die druckempfindlichen Engerlinge platt.

Deutlich bessere Überlebenschancen haben Engerlinge in Gebieten, wo eine intensive Landwirtschaft nicht möglich ist. In steilen Hängen beispielsweise gibt es sie noch, die Maikäfer – und mit ihnen auch die Plagen.

Natürliche Pilzgrippe

Für die Bekämpfung der Maikäfer gibt es ein biologisches Mittel, einen Pilz. Er befällt ganz spezifisch nur Engerlinge und kommt natürlicherweise im Boden vor.

Der Pilz wird auf Gerstenkörner aufgetragen. Diese mit Pilzsporen durchtränkten Körner bringt der Bauer mit seiner Sämaschine auf die Wiesen. Ist der Pilz einmal im Boden, macht er sich über die Engerlinge her. «Das ist wie eine Grippe in der Stadt», sagt Christian Schweizer. «Ist jemand erkältet, steckt er andere an – genau so funktioniert dieser Pilz.»

Das bedeutet aber keineswegs das Ende der Maikäfer in Valzeina. Etwa 20 Prozent der Tiere überleben. Ausrotten will der Forscher den Maikäfer auf keinen Fall. Denn für die haselnussbraunen Insekten hat er einiges übrig: «Für mich sind die Maikäfer als Frühlingsbote Kultkäfer.»

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 11.06.2017, 12:40 Uhr

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