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Natürliche Emissionen Auch Bäume machen Feinstaub

Feinstaub von Waldbäumen ist heute sogar in der Stadt messbar. Warum das eine gute Nachricht ist.

Nicht nur Autos verursachen Feinstaub. Im Sommer seien Feinstaub-Emissionen des Waldes wichtiger als die des Verkehrs, sagt André Prévôt, Professor für Atmosphärenchemie. Messungen seiner Forschungsgruppe in der Stadt Zürich haben gezeigt, dass mehr als die Hälfte des organischen Feinstaubs von den Bäumen kommt.

Der sogenannte «organische Feinstaub» macht den grössten und schädlichsten Teil des gesamten Feinstaubs aus. Organischer Feinstaub entsteht aus organischen Kohlenwasserstoff-Molekülen, die sowohl in fossilen Treibstoffen vorkommen als auch in Tieren und Pflanzen.

Feinstaub direkt aus der Verbrennung

Organischer Feinstaub bildet sich einerseits direkt bei Verbrennungsprozessen: Russ aus Automotoren oder Rauch bei der Verbrennung von Öl, Kohle oder Holz.

Das alles ist direkter oder «primärer» Feinstaub. Je sauberer und vollständiger eine Verbrennung verläuft, desto weniger Russ und Rauch entstehen.

Was übrig bleibt, soll möglichst noch gefiltert und gereinigt werden. Schwierig ist das bei Kleinfeuerungen wie Cheminées und Holzöfen, die im Winter noch immer starke Feinstaubquellen sind.

Auch in der Luft kann sich Feinstaub bilden

Neben dem direkten Feinstaub gibt es auch indirekten, den sogennanten sekundären Feinstaub. Dieser wird erst in der Luft gebildet. Dazu braucht es gasförmige organische Moleküle, die in der Luft dann mit anderen Substanzen reagieren.

Oft erkennt man solche Vorläufersubstanzen an ihrem intensiven Geruch. Das können Lösungsmittel sein, unverbrannte Reste im Autoabgas – oder eben auch die guten Düfte im Wald. Aus den sogenannten Terpenen, die zum Beispiel aus Tannennadeln kommen, entstehen in der Luft durch verschiedene chemische Reaktionen immer grössere und schwerere Moleküle. Irgendwann sind sie so gross, dass sie nicht mehr gasförmig bleiben können. Dann kondensieren sie und werden zu einem Feinstaubpartikel.

Aufsicht auf einen Tannenwald
Legende: Tannennadeln geben Terpene in die Luft ab. Sie können sich mit anderen Stoffen zu Feinstaub verbinden. Keystone / ALESSANDRO DELLA BELLA

Ein Erfolg der Luftreinhaltepolitik

Dass sich heute der Feinstaub aus dem Wald auch in der Stadt messen lässt, ist eigentlich eine gute Nachricht. Weil unsere Luft in den letzten Jahrzehnten immer sauberer geworden ist, treten plötzlich wieder natürliche Quellen von Feinstaub in den Vordergrund.

Lange war der organische Feinstaub vor allem vom Verkehr verursacht worden. Dank Abgaskatalysator und Partikelfilter sind diese Emissionen stark zurückgegangen – heute wird an den meisten Standorten zwei- bis dreimal weniger Feinstaub gemessen als noch vor 30 oder 40 Jahren.

«Trotzdem sind wir immer noch in der Nähe von Grenzwerten, die als problematisch für die Gesundheit angeschaut werden», sagt André Prévôt vom Paul Scherrer Institut. Gerade, weil es Feinstaub auch aus natürlichen Quellen gibt, den man also gar nicht vermeiden kann, ist es sinnvoll, den menschengemachten noch weiter zu senken.

Trotz Feinstaub in den Wald?

Sollten wir wegen der Feinstaub-Emissionen der Bäume also besser auf Waldspaziergänge verzichten? Auf keinen Fall.

Denn der Wald tut uns gut. Und schliesslich zeigen die Messungen aus der Stadt Zürich: Der Feinstaub aus dem Wald geht überallhin – entkommen kann man ihm sowieso nicht.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 1.8.2020, 12:40 Uhr.

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