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Bild 1 von 7. Häufiger anzutreffen im hochalpinen Raum: die Alpenmargerite. Sie hat ihr Einzugsgebiet wie viele Alpenblumen nach oben ausgedehnt. Sie kommt nun auch auf Höhen von über 2600 Metern über Meer vor. Bildquelle: SLF / Sonja Wipf.
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Bild 2 von 7. Arve:. Diverse Bäume – Fichten, Arven oder Lärchen etwa – kommen infolge der Klimaerwärmung nun auch auf Berggipfeln vor. Allerdings sind sie von kleinem Wuchs, oft nur wenige Zentimeter hoch. Im Bild links sieht man eine Arve. Bildquelle: SLF / Sonja Wipf.
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Bild 3 von 7. Auch der Alpenmannsschild hat sein Vegetationsgebiet auf Höhen von über 2600 Meter ausgedehnt. Bildquelle: SLF / Sonja Wipf.
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Bild 4 von 7. Farne seien eine grosse Ausnahme auf Berggipfeln, vermerkten historische Botaniker in ihren Gipfelpflanzenregistern vor rund hundert Jahren. Heute sind Farne wie dieser Rollfarn auf Alpengipfeln zur Regel geworden. Bildquelle: SLF / Sonja Wipf.
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Bild 5 von 7. Keine Gipfelpflanze, aber auch auf dem Weg nach oben: Alpenrosen auf der Foo-Alp im Weisstannental, St. Gallen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 7. Eine der wenigen Pflanzenarten, die im Hochgebirge zurückgehen: der Bayrische Enzian. Diese kleine Art, nicht zu verwechseln mit dem bekannten Enzian, ist innert hundert Jahren von 5 von 124 untersuchten Gipfeln verschwunden. Bildquelle: SLF / Sonja Wipf.
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Bild 7 von 7. Forschung aus ungewöhnlicher Perspektive: Sonja Wipf untersucht im Projekt «Gipfelpflanzen» vom Schweizerischen Schnee- und Lawineninstitut die Flora auf 124 Schweizer Berggipfeln. Die dortige Artenvielfalt vergleicht die Botanikerin mit historischen Daten von den gleichen Standorten. Bildquelle: SLF / Sonja Wipf.
Seit einigen Jahren verändert sich die Pflanzenwelt in den Kälteregionen der Welt rasant. «Wir haben heute 50 Prozent mehr Pflanzenarten auf den Berggipfeln der Alpen als noch vor hundert Jahren», sagt Sonja Wipf, Leiterin des Projekts «Gipfelpflanzen» vom Schweizerischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF). Dieses Forschungsprojekt untersucht seit drei Jahren, wie sich die Flora auf über hundert Alpengipfeln in der Südostschweiz in den letzten hundert Jahren verändert hat.
Im Durchschnitt zehn neue Arten pro Gipfel
Nun steht dieses Projekt, das grösste seiner Art weltweit, am Ende der ersten Forschungsphase und kann harte Zahlen vorlegen: «Im Schnitt hat die Pflanzenvielfalt auf den Alpengipfeln innerhalb von hundert Jahren um zehn Arten zugenommen», so Wipf.
Was nach wenig klingt, ist laut der Expertin viel: Im Hochgebirge gedeihen Pflanzen allgemein nur spärlich. «Noch vor hundert Jahren gab es auf so manchen Gipfeln nur ein, zwei Arten, wenn wir nun im Schnitt zehn oder etwa auf dem Piz Linard sogar 16 Arten zählen, ist das ein massiver Zuwachs», sagt Wipf.
In die Höhe ausgebreitet hätten sich die meisten der Pflanzenarten, welche die Botaniker vor hundert Jahren in ihren Beobachtungen auflisteten. Ein paar wenige Bestände sind zurückgegangen. «So etwa ist der Bayrische Enzian heute von fünf Berggipfeln verschwunden», so Sonja Wipf, «zugleich aber hat das Alpenrispengras in der gleichen Zeit fünfzig neue Gipfel besiedelt. Das Verschwinden ist ungleich kleiner als der Zuwachs.»
Mehr Arten – doch bisher keine Verdrängung
Dieser Zuwachs – auch das zeigen die Forschungen heute – beschleunigt sich in den letzten Jahren, so wie sich auch die Klimaerwärmung beschleunigt hat. Innert hundert Jahren ist das Klima rund eineinhalb Grad wärmer geworden, und die Vegetationszeit im Hochgebirge hat sich verlängert. Bis jetzt haben die für Pflanzen besseren Bedingungen im Hochgebirge noch nicht dazu geführt, dass kälteliebende Arten verschwunden sind. Auch gebe es bisher keine Konkurrenz, so die Botanikerin des SLF: Es habe noch viel Platz für Neuansiedlungen im Hochgebirge.
Die Alpengipfel gehören zu den wenigen Ökosystemen, in denen die Biodiversität zugenommen hat. Der Grund: Auf die Berggipfel kommen kaum Menschen. Anders im Flachland: Hier führt das wärmere Klima nicht zu mehr Pflanzenarten. Im Gegenteil: Die Biodiversität nimmt laufend ab, und zwar deshalb, weil der Mensch immer mehr Natur überbaut oder intensiv landwirtschaftlich nutzt.
Tagung zur Entwicklung in den Alpen und Arktis
Mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Pflanzenwelt in Kälteregionen befasst sich vom 22. bis zum 25. September in der Bergün eine Tagung mit rund hundert Forschenden aus der ganzen Welt, organisiert vom SLF und der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL.
Das Projekt «Gipfelpflanzen» wird dabei einen Schwerpunkt setzen. Doch zur Sprache kommen soll auch die Entwicklung in der Arktis, die ähnlich verläuft wie jene im alpinen Hochgebirge. Auch in der Arktis dehnen verschiedene Pflanzenarten klimabedingt ihr Einzugsgebiet aus, bloss nicht in die Höhe, sondern nach Norden.