Zum Inhalt springen
Algen-Produktion in der neuen Anlage der Schweizer Wissenschaftler.
Legende: Rohstoff: Algen-Produktion in der neuen Anlage der Schweizer Wissenschaftler. Karoline Thürkauf

Natur & Tiere Bio-Erdgas aus Algenbrei

Schweizer Forscher haben einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Energie-Gewinnung aus Algen geschafft – mit einem Verfahren, das den Energie-Verbrauch bei der Produktion stark reduziert. Doch die neue Technologie braucht mehr als gute Ideen, um sich durchzusetzen.

Saubere Energie – warum nicht mit Algen? Diese Lebewesen gelten als idealer Lieferant für alternative Energie, weil sie sehr viel Biomasse produzieren. Seit Jahren treibt Schweizer Forscher vom Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen die Frage um, was es braucht, um aus Algen Bio-Erdgas zu gewinnen – und zwar so, dass der dieser Prozess möglichst wenig Energie verbraucht. Denn viele internationale Forschungsmethoden, die dieses Ziel verfolgten, scheiterten daran, dass die Herstellung von Bio-Erdgas selbst zu viel Energie benötigte.

Der Chemiker Christian Ludwig vom PSI präsentierte mit Kollegen auf dem Areal der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wädenswil kürzlich einen neuen Lösungsansatz, an dem mehrere Hochschulen beteiligt waren. Der zentrale Baustein des Verfahrens liegt darin, dass die Algenmasse nicht in getrockneter Form zu Biogas weiterverarbeitet wird. Vielmehr heizt man die wässrige Algenmasse stark auf und setzt sie unter hohen Druck. Bei rund 300 bar zersetzt sich die Algenmasse, wird ölig und mit Hilfe eines Katalysators schliesslich zu Biogas.

Algen-Produktion

Box aufklappen Box zuklappen
Frei schwebende Algen im Tank
Legende: Karoline Thürkauf

Algen gehören nicht zu den Pflanzen, doch sie betreiben Photosynthese. Um sie herzustellen, werden sie in grossen Bioreaktoren gezüchtet. Diese Anlagen sind nur dann effizient, wenn die schwebenden Mikroalgen konstant viel Sonnenlicht erhalten, um Biomasse aufzubauen. Standorte für so riesige Anlagen liegen eher in Nordafrika als in der Schweiz.

Der Trick mit dem Algenbrei

Weil die Algenmasse – die Forscher sprechen fast schon liebevoll von einem «Algenbrei» – nicht getrocknet werden muss, lässt sich Energie sparen. Der grosse Druck und die enorme Hitze führen ausserdem dazu, dass sich die einzelnen Stoffe so zersetzen, dass sich die Überreste wieder verwenden lassen – wertvolle Mineralien und das verwendete Wasser werden extrahiert und quasi als Dünger der nächsten Algenpopulation zugeführt.

Christian Ludwig und sein Kollege Frédérik Vogel sprechen von einer sehr guten Ökobilanz. «Es ist uns kein ähnlicher Prozess bekannt, der eine solch hohe Energie-Effizienz hat.» Nur: Das Lösungsmodell ist erst ein Prototyp und noch weit von der Marktreife entfernt. Die Forscher müssen noch viele Tests machen. Zudem braucht es viel grössere Anlagen, um herauszufinden, ob sich mit diesem Lösungsmodell auch wirklich grosse Mengen Bio-Erdgas herstellen lassen.

Noch viel Einsatz nötig – und Geld

Schliesslich haben die Forscher um Christian Ludwig eine Vision. Bis 2050 soll ein Grossteil der Schweizer Energie aus Algen gewonnen werden. Die Forschungen, die für diese Vision nötig sind, brauchen jedoch viel Geld.

«Die Forschungstöpfe des Bundes reichen nicht im Ansatz», sagt Ludwig gegenüber SRF. Die Folge: Die Wissenschaftler müssen private Investoren finden – eine schwierige Aufgabe, denn die Anlage müsste mit grosser Wahrscheinlichkeit im Ausland entstehen (siehe Box).

Meistgelesene Artikel