Am Anfang waren ein paar Spitzahornbäume in einem Garten im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Dem Besitzer, Ingram Carner, fielen runde Löcher in der Rinde auf. Zuerst dachte er erbost, Vandalen schössen zum Vergnügen auf seine Bäume. Doch dann beobachtete er, wie aus einem der Löcher ein Insekt herauskroch: etwa drei Zentimeter lang, mit hellen Flecken auf schwarzem Körper und auffallend langen, eleganten Fühlern – ein hübsches Tier. Ingram Carner war der erste, der in den USA den Asiatischen Laubholzbockkäfer gesichtet hatte. Dafür wurde ihm vom Landwirtschaftministerium sogar eine Urkunde verliehen.
Ein höchst gefrässiger Schädling
Denn so elegant der Käfer anzusehen ist, so gefährlich ist er. Der Holzschädling, der mit Verpackungsmaterial aus Ostasien nach Nordamerika und Europa eingeschleppt wurde, bohrt sich in Bäume und frisst sie von innen heraus auf. «Wenn sich einmal Befall bemerkbar macht, hat der Käfer schon gut sieben Jahre gewütet», weiß Rhonda Santos vom US-Landwirtschaftsministerium.
Umso wichtiger ist die Rolle des Bürgers als aufmerksamer Hobby-Wissenschaftler. Bisher kamen erste Hinweise auf Befall in neun von zehn Fällen aus der Bevölkerung. «In Ohio hat ein Bürger gemeldet, dass ein Ast auf seinem Ahornbaum einfach mir-nichts-dir-nichts abgebrochen ist. Denn das passiert ja normalerweise nicht.»
Erste Erfolge in den USA
Entdeckt hat man den Laubholzbockkäfer bis heute in fünf US-Bundesstaaten. Die Kosten der Bekämpfung bisher: 480 Millionen Dollar. Das klingt exorbitant, ist es aber nicht, wenn man den Wald als Wirtschaftsfaktor betrachtet: Forstwirtschaft, Tourismus und Ahornsirupproduktion sichern in den USA immerhin vier Millionen Arbeitsplätze. In zwei Staaten gelang es, den asiatischen Laubholzbockkäfer nach jahrelangem Kampf auszurotten: 2008 in Illinois und 2013 auch im Ostküstenstaat New Jersey.
Der Schlüssel zum Erfolg, so Carl Schulze von New Jerseys Landwirtschaftsbehörde, sei aggressivste Bekämpfung: «Das heisst konkret: Alle, sagen wir, Ahornbäume, Birken, Weiden und Ulmen in einem Umkreis von 200 Metern um Bäume mit Eiern des Käfers wurden gefällt und das Holz mit einer Hackschnitzelmaschine entsorgt.» Entdeckte man nicht nur Larven, sondern auch erwachsene Käfer, wurden Bäume gar in einem Umkreis von 400 Metern gefällt.
Immer dem Käfer auf der Spur
Wenn einmal Befall geortet wird, muss der Käfer bis zum letzten Exemplar beseitigt werden. In den USA sind daher routinemässig Baumkletterer im Einsatz, die in einem Sperrgebiet systematisch jede einzelnde Baumkrone nach Bohrlöchern absuchen. Versuche laufen auch mit dem besten Freund des Menschen – mit Hunden. Die Hoffnung ist, dass sie die Käfer erschnüffeln.
Erfolge im Kampf gegen den Schädling erwarten die Baumschützer auch von so genannten Pheromonfallen: Aus Boxen, die man in Baumkronen aufhängt, entströmt verlockender Duft, der einen Sexualpartner verspricht. Doch sobald der Käfer in die Falle hineinkriecht, fällt er in eine Salzlösung. In Massachussetts, wo seit 2008 mehr als 30'000 Bäume gefällt werden mussten, entdeckten Forscher damit befallene Bäume, die man sonst übersehen hätte.
Bürger an vorderster Front
Doch die penibelste Käfersuche hilft nichts, wenn die Bürger nicht mitspielen. «Der Schädling kann auch in abgeschnittenem Holz, wie beispielsweise Brennholz oder in abgebrochenen Ästen gut leben», erklärt Rhonda Santos. Das bedeutet: All dieses Holzmaterial muss speziell gehandhabt werden. Holz aus Quarantänezonen, so Santos, darf von Leuten nicht aus der Befallszone hinaus und anderswohin transportiert werden.«
Die Landwirtschaftsbehörden halten in den betroffenen Gemeinden regelmässig Bürgertreffen ab – zur Information und auch zur Motivation, sich als Käfersucher zu betätigen. Denn eine frühe Entdeckung ist schon der halbe Sieg und zeigte zuletzt in Boston beachtliche Ergebnisse. Einem Spaziergänger kamen die zerfressenen, deformierten Äste eines Baumes merkwürdig vor. In diesem Fall konnte der Befall noch im Anfangsstadium entdeckt werden. Bisher mussten in Boston nur sechs Bäume geopfert werden.