Die Bündnerinnen und Bündner fühlen sich alleine gelassen. Das kam an der Parlamentsdebatte klar zum Ausdruck. Es komme sogar der Eindruck auf, man sei Bürger zweiter Klasse, verdeutlichte Grossrat Alessandro Della Vedova (CVP) aus Poschiavo. Für ihn sei mit den Erfahrungen rund um Risikobär M13, der diesen Winter im Puschlav abgeschossen wurde, der Traum vom Bären zum Alptraum geworden. Auch die Präsidentin des Bündner ÄlplerInnenvereins und stellvertretende Grossrätin, Karin Niederberger-Schwitter, überkommt beim Gedanken an eine Bären-Begegnung eine Gänsehaut. Wenn man morgens früh bei Nebel und Kälte den Kühen nachsteigen müsse und unvermittelt auf einen Bären treffe, so die Liberale – das gehe einem schon sehr nahe.
Herdenschutzhunde? Skepsis im Parlament
In solchen Situationen wird landläufig der Ruf nach Herdenschutzhunden und neuen Bewirtschaftungskonzepten laut. Doch Regierungsrat Hansjörg Trachsel (BDP) berichtete, dass beim Herdenschutz auch Fehler gemacht worden seien. Das Hunde-Konzept sei nicht so einfach umzusetzen. Einerseits herrschen in Graubünden viel kleinräumigere Verhältnisse als beispielsweise in Spanien oder Italien, wo der Einsatz von Herdenschutzhunden eine lange Tradition hat. Andererseits «kann man solche Hunde nicht einfach aus der Schublade holen, wenn man sie benötige», so Trachsel. Aufzucht und Ausbildung bedingten jahrelange Aufbauarbeit. Und Parteikollege Jon Domenic Parolini (BDP) aus Scuol berichtete von Unterengadiner Landwirten, wo anfängliche Begeisterung der Skepsis wich.
Forderungen und Kritik an Bern
Wie sehr das Thema Grossraubtiere den Bündnern unter den Nägeln brennt, zeigt auch die emotionale Diskussion. Eineinhalb Stunden lang diskutierte der Rat ausführlich. Mangels Alternativen stimmte er zuletzt pragmatisch dem Auftrag von Grossrat Gian Michael zu. Die Grossraubtiere seien da, ob man wolle oder nicht, und es sei mit ihnen umzugehen. Aber darum müsse, wer Schutzauflagen erlasse, auch die Kosten für resultierende Präventionsmassnahmen tragen – oder zumindest tragen helfen.
Bis dato lasse sich nicht beziffern, wie viel die Präsenz von Risikobär M13 den Kanton gekostet habe, sagte Regierungsrat Mario Cavigelli (CVP), weil so viele verschiedene Stellen involviert gewesen seien – von Landwirten und Imkern über Gemeinden und Talschaften bis zum kantonalen Landwirtschaftszentrum Plantahof und vor allem der Wildhut. Zwar habe man am grünen Tisch den Schutz dieser Tiere beschlossen, doch geregelt sei das Problem nicht. Hier fehle die Konsequenz seitens des Bundes, monierte Cavigelli.