«In den Zoos stehen viele Tiere unter Stress, weil ihnen Pfleger und Besucher zu nahe kommen, und weil sie keine Möglichkeiten haben zu flüchten oder sich zu verstecken», sagt die Tiertrainerin Gail Laule. Dagegen kämpft sie an, weltweit.
Die Amerikanerin arbeitet seit 1978 mit verschiedensten Tierarten, zu Beginn im Zoo von San Diego mit Delfinen, Seelöwen und Killerwalen. «Das war als junge Frau ein Traum für mich und hat mein Leben geprägt!», erinnert sie sich. Heute trainiert Laule in Zoos auf der ganzen Welt Tiere – und deren Tierpfleger. Sie sollen lernen, wie man artgerecht mit Elefanten, Schimpansen oder auch Seehunden, Steinböcken und Krokodilen umgeht.
Der Tierpfleger bleibt draussen
Zusammen mit anderen Tiertrainern entwickelte die Amerikanerin vor 30 Jahren ein neues Konzept für den Umgang mit Zootieren – nicht nur wegen der Tiere. Damals kamen in den USA immer wieder Tierpfleger bei ihrer Arbeit mit Elefanten zu Tode. «Der direkte Kontakt zwischen Menschen und Tieren ist gefährlich. Da wollten wir etwas tun, was beiden nützt», sagt Gail Laule im Rückblick.
Der Zoo von San Diego finanzierte das Projekt «Protected Contact», bei dem die Tierpfleger geschützt durch Trenngitter mit den Elefanten und anderen Tieren arbeiten. Der Mensch muss sich nicht mehr mit Peitsche oder Elefantenhaken als dominantes Alpha-Tier beweisen, und das Tier muss sich nicht unterwerfen. Der Tierpfleger steht ausserhalb. Den Elefanten steht es frei, ob sie sich nähern wollen oder nicht. «Diese neue Art der Arbeit mit Elefanten war für mich eine der faszinierendsten Erfahrungen meines Lebens», sagt Gail Laule, «Elefanten sind sehr intelligente Tiere.» Sie arbeitet einzig mit «Positive Reinforcement», mit Belohnung statt Strafe, mit Brot statt Peitsche.
Im Laufe der Jahre weitete sie das Training auf immer mehr Tierarten aus. Auch in den Schweizer Zoos arbeitet Laule mit verschiedenen Tieren … und Menschen. «Sie hat eine besondere Begabung im Umgang mit Tieren und auch mit Menschen», sagt Cordula Galeffi, Kuratorin im Zoo Zürich. Gail Laule wird vor allem dann zugezogen, wenn Probleme mit Tieren auftauchen, oder wenn besondere Herausforderungen anstehen, zum Beispiel der Umzug der Elefanten im Zoo Zürich in die neue, grosse Anlage.
Kampf gegen den Tierhandel in Asien
Neben ihrer Arbeit in den Zoos engagiert sich Gail Laule seit Jahren auch für den Schutz von Wildtieren. «Vor allem in Asien ist der private Handel mit Wildtieren ein riesiges Problem», sagt sie, «wir wollen mit unseren Projekten das Bewusstsein in der Bevölkerung wecken.» Auf den Philippinen hat sie «Wildlife in Need, WIN » eine grosse Tierschutz-Organisation gegründet.
Mehr als die Hälfte des Jahres lebt sie deshalb in Südostasien. «Hier werden zum Beispiel Äffchen von den Leuten im privaten Haushalt gehalten. Das funktioniert meist nicht, und die Tiere werden häufig verletzt wieder ausgesetzt.» Mit WIN nimmt Gail Laule die gehandelten, verletzten oder konfiszierten Wildtiere auf, pflegt sie und bringt sie, wenn möglich, wieder in die Wildnis zurück. «Das öffentliche Bewusstsein ist in den letzten zehn Jahren stark gewachsen», sagt Gail Laule. Sie sagt es mit Stolz.