Wer dieser Tage einen Waldspaziergang macht, der kann das Sterben der Eschen kaum übersehen. Braune Blätter, kahle Zweige, verfärbter Stammfuss – das Bild ist unterschiedlich, je nach Stadium der Krankheit. Ueli Meier, Kantonsforstingenieur der beiden Basel, bezeichnet die Situation als dramatisch.
«Ein erkrankter Baum erholt sich nicht mehr»
Den Förstern bleibt nichts anderes übrig, als dem Fortschreiten der Krankheit tatenlos zuzuschauen, denn gegen den Pilz aus Ostasien ist bisher kein Kraut gewachsen. Und Meier weiss aus Erfahrung: «Ein erkrankter Baum erholt sich nicht mehr». In der Region Basel wird darum gegenwärtig doppelt so viel Eschenholz geschlagen wie in früheren Jahren – obwohl sich die Nachfrage nach dem Holz eigentlich nicht verändert hat.
Esche in der ganzen Schweiz bedroht
Neue Daten, die «10vor10» vorliegen, zeigen: Erstmals hat der Pilz die Alpen überquert. Forstpathologe Roland Engesser von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) vermutet, dass die Sporen entweder durch den Wind über die Alpen verfrachtet wurden. Oder Lastwagen transportierten unbeabsichtigt infizierte Blätter mit.
Damit ist die Esche in der ganzen Schweiz in ihrer Existenz bedroht. Engesser beobachtet zudem ein neues Phänomen bei der Verbreitung des Eschentriebsterbens: Der Erreger dringt am Stammfuss des Baumes in die Rinde ein – gefolgt vom einheimischen Pilz Hallimasch, der am Stammfuss und an den Starkwurzeln Weissfäule verursacht. Der Baum wird von der Wasserzufuhr abgeschnitten und stirbt über kurz oder lang. Engesser spricht von einer «Eskalation des Problems».
Suche nach Abwehrmitteln
Derweil fahnden Forscher fieberhaft nach biologischen Gegenmitteln. An der ETH Zürich sucht man nach einem «heilbringenden» Pilz. Am WSL fahndet eine Forschungsgruppe nach einem Virus, das sich zur Bekämpfung eignen würde. Das WSL-Projekt ist eine Kooperation zwischen Litauen und der Schweiz und wird hauptsächlich über die Kohäsionsmilliarde finanziert, den Beitrag der Schweiz an die EU-Osterweiterung.
Den Forschern um Projektleiter Daniel Rigling ist bereits ein erster Erfolg gelungen: sie haben auf dem Pilz, der das Triebsterben verursacht, ein Virus identifiziert. «Das zeigt, dass unser Ansatz richtig ist», sagt Rigling, «jetzt müssen wir aber herausfinden, ob das Virus auch wirklich eine Wirkung auf den Pilz hat und sich für eine biologische Bekämpfung eignet.»
Baumexperte trotz allem optimistisch
Auch wenn alle Versuche einer Bekämpfung fehlschlagen würden: Die Esche wird überleben; davon ist Botanik-Professor Christian Körner von der Universität Basel überzeugt. «Das Urprinzip des Lebens ist die genetische Vielfalt innerhalb der Arten», sagt er, «die aktuelle Katastrophe wird viele treffen, aber sehr wahrscheinlich nicht alle.»
Einige Eschen würden überleben, da sie resistent sind, so der Experte; daran erkenne man, dass die Natur mit Eigenschaften spielt. «Das ist letztlich das versteckte Fundament der Evolution und des Überlebens der Arten», sagt er. Allerdings wäre die Esche dann erst nach vielen Generationen wieder sichtbar präsent im Schweizer Wald.