«Die Relationen, in denen Bäume leben sind gewaltig», sagt Luc Jacquet , der schon für seinen Dokumentarfilm «Die Reise der Pinguine» einen Oscar gewann, «innerhalb von 700 Jahren kann sich ein abgeholzter Regenwald regenerieren – vorausgesetzt, man lässt ihm die Zeit dazu.»
Die Begeisterung über sein neues Thema ist ihm anzusehen: Jacquet geht durch die Masoala-Halle des Zoos Zürich wie ein Kind durch den Süssigkeiten-Laden. Mit leuchtenden Augen fotografiert der promovierte Zoologe Bäume, Blätter, Pflanzen.
«Das Wunder des Waldes sehen»
Kein unbewegliches Ding, sondern ein Wunder der Evolution – so zeigt uns sein neuster Film den Baum. «Das Geheimnis der Bäume» erkundet an der Seite des Botanikers Francis Hallé den Lebenszyklus der Regenwald-Giganten. «Francis Hallé hat sein Leben in den Regenwäldern verbracht und die Bäume dabei beobachtet, wie sie entstehen, wachsen und sterben», erzählt Jacquet, «von ihm kam die Idee, darüber einen Film zu machen. Er hat mir erst gezeigt, das Wunder des Waldes zu sehen.»
Bäume als listige Lebenskünstler
Überlebenskampf, List und Lebenskunst – für Jacquet bot die Welt der Regenwaldriesen viel Stoff für die grosse Leinwand. Der Film erzählt von kuriosen Allianzen und überraschenden Täuschungsmanövern der Bäume, die sich so die Herrschaft über die Zeit erkämpfen. Ameisen werden zu Verteidigern riesenhafter Bäume, Insekten lassen sich von Pflanzen an der Nase herumführen, und unbewegliche Urwald-Giganten helfen dem Regengott auf die Sprünge. Jacquet zeigt den Baum als handelndes Wesen und listigen Lebenskünstler.
«Ich wollte, dass der Zuschauer die Schönheit dieser Vorgänge sieht», erklärt Jacquet, «diese pflanzliche Bewegung, die normalerweise Jahre, Jahrzehnte dauert wollte ich erlebbar machen.» Dafür hat der Filmemacher mit aufwändigen Computeranimationen gearbeitet, die das Wachsen der Blätter zeigen oder das Wasser, dass durch die Wurzeln hoch in den Stamm rauscht.
Über 220 Arten pro Hektar – noch
Die Dreharbeiten fanden vor allem in den Regenwäldern von Gabun und Peru statt. Hier stehen auf einem Hektar Wald mehr als 220 verschiedenen Baumarten – noch. Doch Rodungen und Raubbau drängen die tropischen Wälder immer weiter zurück. Nur wenn der Mensch den Wald wieder in Ruhe wachsen lässt, hat er eine Chance zurückzukommen.
«Ich glaube, wenn wir zeigen, wie ausserordentlich die Bäume sind, welche Wunder sie vollbringen, und wenn wir es schaffen, die Neugier zu wecken, auf das, was um uns herum passiert, dann wird uns vielleicht wieder bewusst, wie wertvoll und schützenswert der Wald ist», sagt Jacquet am Ende des Rundgangs durch den «Glashaus-Regenwald» in Zürich.
«Das Geheimnis der Bäume» jedenfalls hat das Zeug dazu. In der deutschen Kinoversion übrigens von Bruno Ganz gelesen. Bildgewaltig und spannend erzählt – langweilig sind die stillen Herrscher über die Zeit in diesem Film keine Sekunde.