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Mönch mit Eigergletscher im Vordergrund
Legende: Wie haben Gletscher unsere Umwelt geformt? Forscher stehen vor vielen Rätseln. Eine Kamera, die kosmische Teilchen nutzt, soll am Eigergletscher Antworten liefern. Imago

Natur & Tiere Kosmische Teilchen sollen Gletscher-Geheimnis lüften

Geologen der Universität Bern entwickeln eine neue Kamera, die statt mit Licht mit kosmischen Teilchen funktioniert – und die unter den Eigergletscher schauen kann. Sie wollen damit Geheimnisse des Gletschers lüften.

Die Alpen ohne Gletscher – kaum vorstellbar: Sie prägen das Gesicht der Berge gleich doppelt. Ihre Eismassen bieten einen spektakulären Anblick und ihre erodierende Kraft hat das Aussehen vieler Landschaften geprägt. Und doch, sagt der Berner Geologe Fritz Schlunegger: «Vieles ist unbekannt darüber, wie die Gletscher unsere Umwelt formen.»

Zum Beispiel: Wie genau die Eismassen die steilen Seitenwände in einigen Alpentälern herausgefräst oder extrem tiefe Talschlünde in den Untergrund geschürft haben. Manche dieser tiefen Täler, die in den vergangenen Eiszeiten entstanden sind, wurden danach wieder mit Schutt aufgefüllt. Teile der Stadt Bern stehen auf einem solchen Tal. Werden grosse Bauten auf dem Schutt errichtet, müssen sie speziell verankert werden.

Die Geheimnisse des Gletschers lüften

Mit einer neuen Kamera will Fritz Schlunegger ein weiteres Gletscherrätsel lüften: wie die charakteristischen Karmulden entstehen. «Diese Mulden kennt man vom Wandern», sagt Schlunegger. «Oft folgt nach dem Anstieg zu einem Pass noch einmal eine flache Stelle mit Bergsee, bevor es noch einmal richtig steil zum Passübergang hoch geht – das ist eine Karmulde.»

Fritz Schlunegger denkt, dass diese Mulden von Gletschern geschaffen wurden. Und zwar an Stellen oben an einem Berg, die etwas weniger steil waren als die Umgebung. Dort konnten sich grosse Schneemengen sammeln, die durch ihr eigenes Gewicht langsam zu Eis gepresst wurden. Schliesslich wurde die Masse so schwer, dass ihr unterster Teil den Berg hinunter zu fliessen begann und dabei den Fels abraspelte: Langsam entstand so die Karrmulde.

Der Geologe Fritz Schlunegger zeigt seine Kamera im Stollen der Jungfrau-Bahn
Legende: Fritz Schlunegger neben seiner Kamera im Tunnel der Jungfraubahn: Die Kamera hat kein Objektiv. Die Myonen, kosmische Teilchen, treffen direkt durch die Metallkassette auf dem Film auf. SRF/Thomas Häusler

Doch dies ist eine These. Beweisen will sie Schlunegger, indem er den obersten Teil des Eigergletschers von unten fotografiert. Denn der dort ist der Gletscher vermutlich gerade dabei, eine Karmulde zu bilden. Doch wie macht man das, einen Gletscher von unten fotografieren?

Fotografieren ohne Licht

Schluneggers Kamera ist im Tunnel der Jungfraubahn installiert. Dieser Tunnel durchquert den Eiger. Der Gletscher befindet sich etwa 200 Höhenmeter schräg über der installierten Kamera. Zwischen ihr und der Unterseite des Gletschers liegen also einige hundert Meter Fels. Die Kamera funktioniert nicht mit Licht – die Filme werden von kosmischen Teilchen belichtet: Myonen. Sie prasseln aus dem All auf die Erde, schwirren durch den Eigergletscher, durch den Fels darunter und auf die Filme, wo sie schwarze Punkte hinterlassen.

Wenn die Myonen vom Gletschereis auf den dichteren Fels darunter treffen, werden sie abgebremst. Das verändert ihre Flugbahn – und so lässt sich aus dem Punktemuster, das die Myonen in den Film brennen, die Form der Gletscherunterseite berechnen.

Zum ersten Mal verwendet wurde eine solche Myonenkamera von japanischen Physikern. Sie entwickelten sie, um das Innere eines Vulkans mitsamt der Magmakammern zu durchleuchten. Nun arbeiten sie mit Fritz Schluneggers Team zusammen, um die Methode zu verfeinern und um das Geheimnis des Eigergletschers und der Karmulden zu entschlüsseln.

Gespannt auf die Ergebnisse

Etwa zwei bis drei Monate bleiben die Filme im Tunnel und registrieren die Myonen, die durch den Eigergletscher und durch den Berg geflogen sind. Danach werden sie im Institut für Geologie der Universität Bern entwickelt und ausgewertet. Erst dann weiss Schlunegger, ob der Versuch geglückt ist.

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