Im Ausbildungszentrum der Polizei in Rotterdam sind die Ratten gleich neben den Hunden und den Pferden untergebracht. Hier arbeitet Monique Hamerslag mit ihren kleinen Nagern. Die kleinen Detektive heissen Derrick, Magnum und Poirot und müssen vier verschiedene Stoffe erschnüffeln und zuverlässig unterscheiden. Die Trefferquote ist erstaunlich. «Sie liegen in 95 Prozent der Fälle richtig», sagt Hamerslag, «das wäre auch für einen Polizeihund eine gute Quote.»
Derrick sucht nach Drogen und Spuren von Schiesspulver
Die Ratten können auf das Erschnüffeln von ganz verschiedenen Gerüchen trainiert werden. Im Moment stehen zwei Stoffe im Vordergrund: Appaan, ein Grundstoff für die Droge Crystal Meth, und Schmauchspuren, die Überreste von Schiesspulver. «Es würde aber mit beliebigen Substanzen funktionieren, auch mit Zahnpasta», sagt Ausbildnerin Hamerslag. Ratten haben mehr als tausend Rezeptoren für die verschiedensten Gerüche, ein Hund hat 900 und ein Mensch gerade einmal 380.
Die Resultate des tierischen Schnüffeleinsatzes werden vorläufig noch nicht als Beweismittel vor Gericht zugelassen. Aber sie vereinfachen die Abläufe bei den Ermittlungen und machen sie schneller. Sie geben den untersuchenden Forensikern Hinweise, wo sie mit den aufwendigen Labortests am besten beginnen. Mögliche Täter können so schneller erkannt und überführt werden – zum Beispiel wenn die Ratten Spuren von Schiesspulver auf den Kleidern von Verdächtigen erschnüffeln.
Minen suchende Ratten als Vorbild
Auf die Idee mit den kleinen Nagern kam Monique Hamerslag, als sie von Ratten erfuhr, die in Afrika bei der Suche nach Landminen eingesetzt werden. In ihrer Abschlussarbeit für den Eintritt in den Polizeidienst passte sie die Methode auf die Bedürfnisse der Forensiker an.
Das grösste Problem ist die Scheu der kleinen Tiere. «Am besten ist es, wenn der Geruch zu den Ratten gebracht wird, und nicht umgekehrt», sagt Hamerslag. Deshalb legt sie Kleidungsstücke oder andere Beweismittel zum Beschnüffeln in den Käfig, dorthin wo sich die Ratten wohl fühlen. Die Spürhunde der Polizei werden also vorläufig nicht arbeitslos.
Kostengünstige Detektive
Der grosse Vorteil der kleinen Nager gegenüber den Polizeihunden sind die Kosten – nicht nur bei der Beschaffung der Tiere. Auch die Ausbildungszeit ist viel kürzer. «Die Ratten brauchen nur zehn bis 15 Tage, bis sie einen bestimmten Geruch von einem anderen unterscheiden können», sagt Monique Hamerslag. Bei Hunden dauert die Ausbildung viel länger. Zudem sollen bei den kleinen Spürnasen schon bald einfache Roboter als Trainer eingesetzt werden. Klein-Derrick und Co. stehen vor einer grossen Zukunft.
Übrigens: Dass die niederländischen Spürratten Namen von männlichen Detektiven haben, ist kein Zufall. Die männlichen Nager schnüffeln wesentlich zuverlässiger als die Weibchen.