In Zürich teilen sich schätzungsweise 1500 Füchse das Grossstadt-Revier untereinander auf. Sie ernähren sich von Abfällen, fressen verletzte oder kranke Kleintiere. Vögel, die aus dem Nest gefallen sind, zum Beispiel. «Fuchs, Du hast die Gans gestohlen», war gestern. Heute klaut der Fuchs in der Regel höchstens mal einen Schuh: Immer wieder werden in verlassenen Fuchsbauten ganze Berge von Schuhen gefunden.
Meerschweinchen als Fuchs-Mahlzeit
Stefan Dräyer, einer von vier Wildhütern der Stadt warnt dennoch: «Der Fuchs ist unser grösstes Raubtier, das in unserer unmittelbaren Nähe lebt. Natürlich kommt es manchmal zu Konflikten, weil er seine Jungen aufzieht und Nahrung beschaffen muss. Dann stöbert er auch mitunter in Siedlungen. Wenn dann eine Familie ein Meerschweinchen oder ein Kaninchen im Garten hat, kann es schon vorkommen, dass er es tötet, um zu überleben.»
Oft muss in solchen Fällen der Wildhüter für Ordnung sorgen. Doch der Konflikt liesse sich leicht verhindern, wenn die Anwohner die Füchse nicht mit Futter anlocken würden. Werden sie nämlich zu zutraulich und dreist, fühlen die Anwohner sich schnell bedroht. Und das ist dann häufig das Todesurteil für die Raubtiere.
Die Waschbären in der Grossstadt
In der Schweiz werden auch immer wieder Waschbären gesichtet. Laut dem Stadtökologen Stefan Ineichen, der ein Buch zu diesem Thema herausgegeben hat (siehe Box unten), haben sie gute Chancen, den Füchsen den Rang abzulaufen: «Sie sind grösser, geschickter und können noch besser klettern. Ausserdem sind die ursprünglich einzelgängerischen Tiere mittlerweile sehr zutraulich.»
Viele ökologische Nischen für Tiere
Doch eigentlich behalten die Tiere ihre natürliche Scheu vor den Menschen. Und sie machen keinen Unterschied zwischen Natur und Kultur, zwischen Zivilisation und Land. Städte sind vielfältige und attraktive Orte – und Tiere sind pragmatisch: Es gibt viele Verstecke. Es gibt Grünflächen. Baustellen. Brachland. Genug zu fressen.
Buch zum Thema
Nur den Zürisack, der, gefüllt mit leckeren Abfällen, am Strassenrand auf die Müllabfuhr wartet, den gibt es nicht mehr. Zu geschickt haben sich Steinmarder, Dachse und Waschbären oft darüber her gemacht, ihn aufgerissen und den Inhalt auf den Trottoirs nach Essbarem durchwühlt. Heute muss der Abfallsack in den Container – Pech für die wilden Stadttiere.
Die Wildnis in der Stadt erhalten
Obwohl Städte sich fast zum Paradies der Wildtiere entwickelt haben, warnt Stadtökologe Ineichen: «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht jede freie Fläche zubauen.» Er kennt Zürich wie seine Westentasche, weil er immer wieder Führungen durch die Stadt macht. «Gewachsene Grünflächen, brach liegendes, ungenutztes Land: Das alles braucht es in einer Stadt», sagt er.
Im boomenden Westen von Zürich wurde zum Beispiel ein altes Gleisareal für den Bau einer Umgehungsstrasse zubetoniert. Die alten Gleise hatten den Eidechsen als Verkehrsachse, Lebens- und Futterraum gedient. Bei der Planung erhielt man die Schienen dann extra für die Echsen – und heute nutzen die Tiere sie fleissig.
Dass manche Tiere den Städtern herzlich willkommen sind, wissen auch Wanderfalken. Seit vielen Jahren schon machen sie im Frühjahr auf ihrem Flug in den Süden ein paar Monate Halt in Zürich. An der Kehrichtverbrennungsanlage Josefstrasse haben die Verantwortlichen von Grün Stadt Zürich einen Nistplatz eingerichtet, den die Vögel nutzen, um ihre Küken aufzuziehen.