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Xiaolin Wang und Alexander Kellner an der Ausgrabungsstelle.
Legende: Die Paläontologen Alexander Kellner (l.) und Xiaolin Wang an der Ausgrabungstätte in China. Alexander Kellner (Museu Nacional/UFRJ)

Spektakulärer Fund Ostern kurz vor Weihnachten: Dino-Eier entdeckt

Chinesische und brasilianische Forscher haben ein wissenschaftliches Osternest gefunden: über 200 Flugsaurier-Eier. Paläontologe Eberhard Frey ordnet die Bedeutung des Fundes ein.

Die Flugsaurier, auch Pterosauria genannt, beherrschten vor 215 Millionen Jahren die Lüfte. Bisher konnte lediglich eine Handvoll Pterosauria-Eier aufgespürt werden.

Nun hat man in China 200 davon gefunden. Letzte Woche stellte die Fachzeitschrift « Science » die Funde vor und zeigte auf, welche Schlüsse die Experten daraus ziehen.

«Mein Herz raste»

Unter ihnen ist Alexander Kellner vom Nationalmuseum Brasilien in Rio. Er hat die Flugsaurier-Eier der Gattung «Hamipterus tianshanensis» zusammen mit einem chinesischen Kollegen entdeckt.

Für ihn ist der Fund von so vielen Eiern und Embryonen schlicht umwerfend: «Als ich das gesehen habe, habe ich zuerst gar nicht geglaubt, dass das überhaupt möglich wäre. Das Herz raste.»

Eier der Flugsaurier, gefunden in China
Legende: Forscher erhoffen sich neue Erkenntnisse durch den Fund, insbesondere in der Embryonalentwicklung der fliegenden Echsen. Keystone

Hatte dieser Fund bei anderen Paläontologen eine ähnlich anregende Wirkungen auf den Kreislauf wie bei Alexander Kellner?

Zur Person

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Eberhard Frey ist Professor für Paläontologie und Zoologie und leitet die geologische Abteilung des Naturkundemuseums Karlsruhe .

SRF: Eberhard Frey, wie geht es ihrem Herzrhythmus nach diesem Fund?

Eberhard Frey: Ganz gut eigentlich. (Lacht) Was mich fasziniert ist, dass es so viele Eier auf einem Haufen sind und dass in einigen Eiern Embryoreste enthalten sind. Das ist verhältnismässig selten. Es gibt weltweit ein paar andere Fundstellen und bei keiner einzigen war es so, dass man von gut erhaltenen Exemplaren sprechen konnte, vieles ist fragmentarisch.

Können Sie uns kurz erklären, wie die Flugsaurier der Art «Hamipterus tianshanensis» aussahen und wie sie geflogen sind?

Der Körper war behaart und im Verhältnis zum Kopf klein. Der Kopf war extrem gross und bei jüngeren Flugsauriern sass dieser auf einem sehr langen Hals. Pterosauria im Allgemeinen hatten Flügel, die am kleinen Finger aufgespannt sind. Die Flughaut geht von dieser Fingerspitze runter bis an die Fusswurzel.

Fundstelle der Flugsaurier-Eier in China
Legende: Die Fülle der Fundstelle ist selbst für Experten beeindruckend. Alexander Kellner (Museu Nacional/UFRJ)

Bislang ging die Forschung davon aus, dass Flugsaurier gleich nach dem Schlüpfen fliegen konnten. Die Autoren der neuen Studien sagen nun, dass Flugsaurier wohl keine Nestflüchter waren. Was meinen Sie zu dieser These?

Wenn ich mir die Eierreste ansehe, dann erkenne ich, dass kein einziges dieser Eier ein vollständiges Skelett enthält. Vergleicht man das mit Eiern von anderen Fundstellen, die ebenfalls Embryonen enthalten, dann sieht man, dass die Skelette dort besser ausgebildet sind. Insbesondere der Flugapparat ist bei diesen Funden gut ausgebildet. Diese Tatsachen hat die Autoren dazumal veranlasst zu sagen: Die schlüpfen und fliegen davon. Die Eier aus China sind vermutlich sehr viel frühere Entwicklungsstadien. Embryonen also, die wohl weit vor dem Schlupf standen.

Sie denken, es wäre also durchaus möglich, dass auch die Flugsaurier kaum geschlüpft, gleich abgehoben sind?

Ja, wenn die Eier reifer gewesen wären. Darüber lässt sich aber kaum eine Aussage machen, weil sie nicht sehr gut erhalten sind. Eine Überraschung ist es allemal.

In China sind über 200 Eier gefunden worden. Noch nie hat man so einen grossen Brutplatz gesehen. Was sagt dieser Fund über das Sozialverhalten dieser Flugsaurier aus?

Jedes Flugsaurierweibchen hat maximal zwei Eier gelegt. Das bedeutet, dass mindestens 100 Weibchen an dieser Stelle gebrütet haben. Das ist somit ein sehr guter Hinweis für eine Brutkolonie. Andere Funde legen auch nahe, dass diese Flugsaurier in Kolonien nisteten. In Brasilien findet man Fossilien von vielen Jungflugsauriern, die offensichtlich flügge waren und dann abgestürzt sind.

Das heisst also, dass Flugsaurier, die evolutionär nichts mit Vögel zu tun haben, ein ähnliches Brutverhalten wie viele heutige Vogelarten hatten?

Ja. Diese Flugsaurier sind Tiere, die an den Küsten gelebt haben. Meeresvögel brüten häufig in Kolonien, weil die Brutplätze am Meer rar sind. Auch bei den Pterosauria ist anzunehmen, dass die knappen Platzverhältnisse zu Kolonien führten.

Fossilien eines Flugsaurier-Kiefers
Legende: Unterkiefer eines Flugsauriers. Die grossen Zähne sind ein typisches Merkmal der Art «Hamipterus tianshanensis» Alexander Kellner (Museu Nacional/UFRJ)

Das heisst nicht nur das Fliegen, sondern auch das gemeinsame Brüten am Meer wurde mehrmals erfunden?

So ist es. Die Flugsaurier teilen ja noch eine andere Gemeinsamkeit mit den Vögeln: das verhältnismässig grosse Gehirn.

Warum ist das so?

Die Flugkoordination erfordert, dass man den Raum dreidimensional wahrnimmt. Bei Vögeln spielt zudem die Kommunikation eine grosse Rolle. Sie müssen differenziert kommunizieren können, damit sie sich bei den Brutplätzen in der Kolonie nicht in die Quere kommen.

Dieser Eierfund hat einige Fragen beantwortet. Welche Fragen bleiben den für Sie noch offen?

Wie der Flugapparat tatsächlich aussah. Die neuen Funde zeigen, dass die Flugsaurierrekonstruktionen bis jetzt nicht ganz korrekt sind. Die Flügel waren viel stärker nach hinten gerichtet, als bisher angenommen. Wir wissen, dass sie Fell hatten. Wir wissen aber nichts über die frühe Embryogenese, das heisst das frühe Wachstumsstadium im Ei. Da sehe ich eine grosse Chance, dass diese Eier, die jetzt beschrieben worden sind, neue Informationen liefern. Die in China gefundenen Eier müssen aber noch weiter untersucht werden.

Das Gespräch führte Katharina Bochsler.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Wissenschaftsmagazin, 02.12.2017, 20.33 Uhr.

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