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Tierkommunikation 2.0 Video-Chat für einsame Papageie

Millionen Papageie leiden unter Einsamkeit. Für ihr Wohlbefinden brauchen sie den sozialen Austausch mit Artgenossen. In einem Versuch liessen Forscherinnen Papageie per Videocall miteinander plaudern – mit erstaunlichen Ergebnissen.

US-Forscherinnen haben in einem einzigartigen Versuch, Papageie per Videotelefonie interagieren lassen. Die Tiere mussten die digitale Kommunikation zuerst mal erlernen. «Wir wussten anfangs nicht, ob und wie Papageie Video-Bilder von Artgenossen wahrnehmen», sagt Rébecca Kleinberger von der Northeastern Universität. «Papageie sehen anders als Menschen, Ihre Wahrnehmung ist schneller und sie können UV-Licht sehen.»

Doch die Tiere lernten schnell und die digitale Interaktion schien ihnen Spass zu machen. Die Vögel verstanden, was sie auf dem Bildschirm sahen. Sie zeigten eine Vielzahl von sozialen Verhaltensweisen - vom Putzen, gemeinsames Singen und Tanzen bis hin zum nebeneinander Schlafen. Es gab Vielanrufer und jeder Papagei hatte seinen Lieblings-Chatpartner, so das Fazit der Forscherinnen.

Interview mit Forscherinnen

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Was war die Motivation für ihre Forschung?

Ilyena Hirskyj-Douglas, Prof. Computer Science, Universität Glasgow:

Internetgeräte werden zunehmend an Orten verwendet, die wir auch mit unseren Haustieren teilen. Da Papageie soziale Tiere sind, könnte die Videotelefonie eine Möglichkeit sein, die Sozialisierungsbedürfnisse eines Papageis zu erfüllen. Es war jedoch eine offene Frage, wie sie auf diese Art von Kommunikation reagieren würden und ob sie diese wirklich selbständig nutzen können.

Wie reagierten Papageie auf Videobilder von anderen Papageien?

Rébecca Kleinberger, Creative Technologist, Northeastern Universität:

Der erste Schritt bestand darin, zu beurteilen, ob Papageie verstehen konnten, was sie auf den Tablet-Bildschirmen sehen, die ja für Menschen entwickelt wurden. Vögel haben eine ganz andere Sinneswahrnehmung, als wir. Viele Papageienarten können UV-Licht sehen und scheinen die Welt schneller wahrzunehmen als wir. Aber trotz dieser Unterschiede deuten unsere Beobachtungen stark darauf hin, dass die Vögel in der Lage waren, zu verstehen, was sie auf dem Bildschirm sahen: Sie waren beschäftigt, folgten den anderen Vögeln. Einige spiegelten Verhaltensweisen, die sie sahen, was auf das Potenzial dieser Kommunikationsart hinweist. Während der gesamten Studie beobachteten wir eine Vielzahl von sozialen Verhaltensweisen, vom gemeinsamen Putzen über das Schlafen nebeneinander bis hin zu Lautäusserungen.

Was fanden sie heraus? Was hat sie dabei überrascht?

Ilyena Hirskyj-Douglas, Prof. Computer Science, Universität Glasgow:

Wir fanden heraus, dass Papageien in der Lage waren, unser Video-System selbständig zu nutzen. Zudem stellten wir fest, dass Papageie ihre Lieblings-Chatpartner hatten, die sie öfters anriefen als andere. Es gab auch Vielanrufer. Wir waren überrascht von der Variation der verschiedenen Verhaltensweisen, von der Fellpflege, dem Schlafen, der Nahrungssuche, dem gemeinsamen Singen und Tanzen.

Wie haben die Vögel während des Testzeitraums kooperiert? Können Sie uns ein paar Anekdoten aus den Tests erzählen?

Jennifer Cunha, Papageien-Expertin, Northeastern Universität:

Wir waren uns nicht sicher, wie die Papageie auf die Möglichkeit reagieren würden, nach dem Training selbständig Videoanrufe auszulösen, und waren gespannt, wie sie das System nutzen. Während des Testzeitraums riefen sich viele der Vögel schnell gegenseitig an – sie läuteten ihre Glocken, sobald sie ihnen präsentiert wurden, und wählten dann einen befreundeten Vogel aus.

Untersuchen Sie dieses Videoanrufsystems für Papageien weiter?

Rébecca Kleinberger, Creative Technologist, Northeastern Universität:

Wir führen neue Studien durch, um zu untersuchen, was es für Papageien bedeutet, sich live mit anderen zu verbinden. Wir bauen auch neue Technologien, die speziell an verschiedene Arten angepasst sind. Bei all unseren Forschungen konzentrieren wir uns weiterhin stark auf die ethischen Aspekte und gewährleisten gewaltfreie Auseinandersetzungen, bei denen die Tiere jederzeit frei gehen können und die Interaktion immer das Ergebnis der eigenen Entscheidung der Tiere ist.

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