Die Sonne brennt, das Meer schimmert türkis. Plötzlich wird es ernst: «Unser Tauchlehrer macht uns darauf aufmerksam, dass eine Portugiesische Galeere in der Nähe ist», erzählt Heidi Böttcher von ihrem Urlaub in Lanzarote. Sie ist Oberärztin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein und Taucherärztin. «Wir sind sofort an Land geschwommen. Am nächsten Tag wurde der ganze Strand gesperrt.»
Die auffällige Qualle mit meterlangen Tentakeln zählt zu den giftigsten Arten Europas. Müssen Badegäste nun häufiger mit diesen gefährlich schönen Tieren rechnen?
Ursprünglich kommt die Portugiesische Galeere vor allem im Atlantik vor. In den vergangenen Jahren wurden jedoch vermehrt Ansammlungen auch im Mittelmeer gemeldet - etwa vor Spanien und Italien. Ob es sich dabei jedoch um eine dauerhafte Zunahme handelt, ist wissenschaftlich bisher nicht geklärt.
Bei Böttcher zu Hause an der Ostsee ist die Lage entspannter, dort gebe es im Sommer viele, aber meist «nette» Quallen. Etwa die harmlose Ohrenqualle verbreite sich rasch.
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Bild 1 von 2. Ohrenqualle. Die Ohrenqualle (Aurelia aurita) ist in fast allen Ozeanen anzutreffen, insbesondere an der Nord- und Ostsee kommt es in den letzten Jahren immer wieder zu Massenansammlungen. Es gibt Hinweise, dass wärmere Winter und mehr Nährstoffe im Wasser ihre Vermehrung begünstigen. Bildquelle: IMAGO/imagebroker.
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Bild 2 von 2. Gelbe Haarqualle. Auch die gelbe Haarqualle (Cyanea capillata) kommt an der Nord- und Ostsee vor. Sie führt zu unangenehm, aber nicht gefährlichen Hautreizungen. Bildquelle: IMAGO/Andre Gschweng.
Wenn sich Quallen lokal stark vermehren, spricht man von einer «Quallenblüte». Die Annahme, dass solche Blüten weltweit zunehmen, wird von Fachleuten aber differenziert betrachtet. «Sehr oft fehlen uns schlicht die Daten, um solche Aussagen zu treffen», sagt die Meeresbiologin Ina Stoltenberg vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Denn im Gegensatz zu vielen Fischen werden Quallen kaum systematisch und über längere Zeiträume erfasst.
Fest steht: Quallen kommen mit Bedingungen klar, die anderen Meerestieren zu schaffen machen. Sie gelten daher als Profiteure des Klimawandels. Die Nesseltiere benötigen nur wenig Sauerstoff – weit weniger als etwa Fische oder Muscheln. Ihrer weichen Körperstruktur macht die Ozeanversauerung kaum etwas aus. Und beim Fressen sind sie anpassungsfähig. Sie vertilgen Kleinkrebse, Fischlarven und teils sogar Artgenossen.
Doch nicht nur das Klima fördert ihre Ausbreitung. Auch andere Eingriffe des Menschen ins Ökosystem spielen eine Rolle. Durch Überfischung verschwinden Fressfeinde, wie zum Beispiel Thunfische.
Kleiner Körper, grosse Wirkung
Wo sich Quallen häufen, steigt auch das Risiko von Verbrennungen. Und manche sind besonders gefährdet: «Kinder, besonders Säuglinge und Kleinkinder haben eine im Verhältnis zur Körpergrösse grössere betroffene Fläche. So kommt es zu einer vermehrten Giftaufnahme», erklärt die Notfallärztin Heidi Böttcher. Auch Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma, Herz-Kreislauf- oder Hautkrankheiten sollten aufpassen. Und: «Wer generell stark auf Allergene anspricht, kann auch bei Quallenstichen heftiger reagieren.»
Trotz aller Vorsicht kann es passieren: Ein Tentakel streift die Haut, Nesselzellen explodieren und der Schmerz folgt, je nach Art mehr oder weniger heftig. «Quallenreste sollte man nicht mit den Fingern entfernen», warnt Böttcher. Denn dabei könnten noch nicht ausgelöste Nesselzellen aktiviert und das Gift weiter verteilt werden. «Am besten spült man die betroffene Stelle vorsichtig mit Meerwasser ab.»
Ganz andere Liga: Diese Quallen können tödlich sein
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Bild 1 von 2. Seewespe. Ihr möchte niemand begegnen: Die Seewespe (Chironex fleckeri) gilt als giftigste Qualle der Welt. Ihr Gift kann bei grossflächigem Kontakt innerhalb von wenigen Minuten Herzstillstand auslösen. Sie lebt im tropischen und subtropischen Pazifik. Bildquelle: IMAGO/Ardea.
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Bild 2 von 2. Carukia barnesi. Winzig klein, aber extrem gefährlich: Sie gehört zur Gruppe der Irukandji-Quallen. Sie ist kaum sichtbar, ihr Stich kann jedoch schwere Symptome auslösen. Ursprünglich kommt sie nur an den Küsten Nord- und Ostaustraliens vor. Inzwischen wurden jedoch vereinzelt auch Fälle aus der Karibik, Hawaii und Thailand gemeldet. Bildquelle: Lisa-ann Gershwin/Wikimedia Commons.
Wichtig: Kein Süsswasser verwenden. «Es hat eine geringere Salzkonzentration als Meerwasser, weshalb die Nesselkapseln aufquellen und platzen. Das setzt zusätzliches Gift frei.» Auch Reiben oder Kratzen sollte man vermeiden.