Zuerst die gute Nachricht: Junge Lachse, die jedes Jahr zu Tausenden in der Schweiz ausgesetzt werden, schaffen es, in Richtung Meer zu schwimmen. Das ist nicht selbstverständlich, denn sie schwimmen mitten im Strom und müssen bei den Flusskraftwerken durch die Turbinen schwimmen. Dort drohen sie zerhäckselt oder zerquetscht zu werden.
Vom kleinen Flüsschen Bünz im Aargau zum Beispiel müssen sie alleine auf der Strecke bis zum Rhein drei Turbinen überwinden. «81 Prozent haben das geschafft, das hat uns positiv überrascht», sagt der Fischökologe Armin Peter. Er hat die Fische für eine Studie besendert. Bis zum untersten Kraftwerk im Rhein sind es weitere 14 Turbinen. «Es gibt tatsächlich junge Lachse, die diesen Weg überleben», sagt Peter, der dies in einer weiteren laufenden Studie untersucht.
So verändert der Lachs sein Aussehen
Zahl der Rückkehrer hat drastisch abgenommen
Auch über die umgekehrte Route, also vom Meer her, gab es lange gute Nachrichten. Etwa 1000 bis 2000 Lachse seien jedes Jahr wieder rheinaufwärts bis in die Seitenflüsse gewandert, um dort zu laichen, sagt der Fischökologe Jörg Schneider aus Frankfurt am Main. «Aber nach 2015 ist diese Population wieder zusammengebrochen, und zwar um bis zu 80 Prozent.»
Die Fischökologen sind konsterniert. Jörg Schneider hat nun von der internationalen Kommission zum Schutz des Rheins den Auftrag bekommen, die Gründe für diesen Rückgang zu untersuchen.
Kormorane mögen Lachs
Mögliche Gründe gibt es viele. Da wären einmal die fischfressenden Vögel wie Gänsesäger oder Kormorane, die sich in den letzten Jahren stark vermehrt haben. «Regelmässig finden sich Reste besenderter Lachse in den Nestern der Kormorane», sagt Fischökologe Schneider.
Zudem kommen weniger Lachse überhaupt aus dem Meer wieder zurück. «Unter den Lachsspezialisten ist das gerade ein grosses Thema», sagt Schneider. Es sei aber unklar, was im Meer passiert. Ist es die Erwärmung? Ändern sich die Strömungsverhältnisse oder die Nahrungsgrundlage für die Lachse? Die Forschung geht in alle Richtungen.
Schrauben der grösseren Transportschiffe sind tödlich
Von den wenigen Fischen, die dann als Erwachsene mit gegen 70 Zentimetern Länge den Rhein wieder hinaufschwimmen, geraten viele in den Sogbereich der Schiffsschrauben und werden getötet. «Das wurde lange unterschätzt», sagt Schneider, «aber wir finden regelmässig getötete Tiere mit charakteristischen Schnittspuren».
Drei Gründe, warum es die Lachse so schwer haben:
Vor den Flusskraftwerken schliesslich wartet der Wels, ein bis zu drei Meter grosser Fisch, der gerne Lachse frisst. «An bestimmten Orten hat er sich gar in den Fischtreppen breitgemacht», sagt Schneider, «dort wird bis zu einem Drittel der aufsteigenden Tiere gefressen».
Aufgeben sei keine Option
Es ist also ein ganzes Bündel möglicher Gründe, das die Rückkehr der Lachse verhindert. Es sind nicht nur die Wasserkraftwerke unterhalb von Basel, die zum Teil noch keine Fischtreppen haben. Trotzdem denken die Fischökologen nicht ans Aufgeben. «Wir müssen die einzelnen Punkte nun besser erforschen und dann weiter machen», sagt Jörg Schneider. Und Armin Peter doppelt nach: «Wo der Lachs durchkommt, werden die Flüsse auch für viele andere Wanderfische wieder passierbar», sagt der Schweizer Fischspezialist. «Aufgeben ist deshalb keine Option.»