In der ganzen Schweiz sind naturbegeisterte Menschen unterwegs, um nach den letzten noch bestehenden Quellen zu suchen. Sie halten sich dabei an alte Quellkataster aus den 60er und 70er-Jahren. Unterstützt wird diese Schatzsuche durch die eigens dafür geschaffene Beratungsstelle Quell-Lebensräume , für welche auch Pascal Stucki als Spezialist für die Ökologie von Quellen tätig ist. «Das Interesse der Leute für die Suche nach den Quellen ist riesig», freut sich Pascal Stucki. Dank der guten Ortskenntnisse der Anwohnerinnen und Anwohner können auch abgelegene Quellen ausfindig gemacht werden.
Besonders aktiv bei der Erfassung der Quellen sind die Schweizer Parks. So haben Freiwillige bereits in den Jahren 2016 und 2017 mit dem Erfassen der Quellen des Naturparks Doubs im Nordwesten der Schweiz begonnen. Der Park hat die Arbeit dann weitergeführt. Aktuelles Fazit: Von insgesamt 650 Quellen sind drei Viertel verschwunden, zerstört oder geschädigt, der Rest befindet sich noch in einem natürlichen oder zumindest naturnahen Zustand – ein vergleichsweise hoher Anteil. Das liegt daran, dass sich die Quellen im Doubs an besonders unwegsamen, steilen Stellen im Wald befinden.
Quellen sind als Lebensraum bedroht
«Erst vor wenigen Jahren ist dem Bund bewusst geworden, welch hohen ökologischen Wert naturbelassene Quellen haben», sagt Stucki. Gleichzeitig würden die bisher erhobenen Daten zeigen, dass dieses Bewusstsein reichlich spät komme, «denn die allermeisten Quellen sind unterdessen beschädigt oder sogar ganz verschwunden.»
Besonders prekär ist die Lage im Mittelland, wo sich nur gerade noch ein Prozent der Quellen in einem natürlichen Zustand befindet. 95 Prozent sind durch Entwässerungssysteme der Landwirtschaft zerstört worden sowie durch Quellfassungen für Trinkwasser und für Viehtränken. Ein wesentlicher Teil ist auch schlichtweg ausgetrocknet, damit zu tun hat, dass es immer weniger regnet.
Schweizer Parks sind Vorreiter
Um so wichtiger sei es nun, die noch bestehenden natürlichen Quellen genau zu erfassen, «denn nur so können wir sie für die Zukunft sichern», sagt Pascal Stucki. Auch hier liegt die Hoffnung auf den Schweizer Parks, weil dort noch verhältnismässig viele Quellen erhalten sind und die Gemeinden und Landbesitzer sich offener für Schutz- und Revitalisierungsmassnahmen zeigen.
Die Unterschutzstellung und auch die Revitalisierung der Schweizer Quellen gehe nämlich nur schleppend voran, bedauert Stucki. Und dies, obwohl viele eingefasste Quellen gar nicht mehr gebraucht würden. Das Wasser wird von der Quellöffnung her unnötig in ein Rohr abgeleitet. «Besitzer und Gemeinden sind da sehr protektionistisch und sie wollen ihre Quellen für schlechte Zeiten behalten», dabei sei das auch nach einer Revitalisierung problemlos möglich, erklärt Pascal Stucki.
Zur Revitalisierung müsse man nur die Fassung entfernen oder die Fassungskammer schliessen, damit das Wasser überlaufen kann. «Sobald das Wasser wieder fliesst, geht es erstaunlich schnell, bis sich Tiere und Pflanzen ansiedeln und ein neuer Quell-Lebensraum entsteht».