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Natur & Tiere Züchter wollen glückliche Kühe, aber bitte ohne Hörner

Auf Milchpackungen oder in der Werbung schauen uns zufriedene Kühe mit wohl geformten Hörnern entgegen. Doch in Tat und Wahrheit haben immer weniger Kühe Hörner – immer häufiger werden sie gleich ohne den Kopfschmuck geboren. Dabei hilft ein neuer Gentest, der die Zucht hornloser Tiere unterstützt.

Neun von zehn Kühe in der Schweiz sind heute hornlos. Die meisten verlieren ihren Kopfschmuck bereits im zarten Kälbchenalter. Die Hornansätze werden ihnen unter lokaler Betäubung mit einem heissen Stab ausgebrannt. Danach sind die Hörner weg, zumindest bei diesem Tier. Denn wirft die Kuh später ein Kalb, hat es wieder Hörner, und die Prozedur beginnt von neuem.

Gentest sorgt für hornlosen Nachwuchs

Doch die Hörner kann man den Kühen auch bleibend entfernen – durch Züchtung. In den verschiedenen Rinderrassen gibt es nämlich immer mal wieder einzelne Tiere, die durch eine Laune der Natur hornlos zur Welt kommen. Sie tragen in ihrem Erbgut eine von zwei heute bekannten Gen-Mutationen, die Hörner verhindern. Weltweit mehrere Forschergruppen haben in jüngster Zeit nachgewiesen, wie die Hornlos-Mutationen im Erbgut aussehen und wo sie zu finden sind: «auf dem ersten der 29 Rinderchromosomen», sagt Cord Drögemüller von der Universität Bern, der in einem dieser Teams mitgeforscht hat.

Warum Kühe ohne Hörner?

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Viele Bauern wollen hornlose Kühe, damit es in den modernen Laufställen nicht zu verletzungen kommt. Dagegen wendet sich eine Initiative.

Das neue Wissen habe nun zu einem Gentest geführt, mit dem man die idealen Zuchttiere einfach und gezielt auswählen kann. Nicht jedes hornlos geborene Tier vererbt nämlich seine Eigenschaft gleich stark: «Am attraktivsten sind Tiere, die ihre Hornlosmutation sowohl von der Mutter als auch vom Vater geerbt haben», so Cord Drögemüller. «Nur diese reinerbigen Tiere zeugen zu 100 Prozent hornlosen Nachwuchs.»

Viele Bauern nutzen den Test bereits

Will ein Züchter herauszufinden, ob er ein solches Rind hat, schickt er zum Beispiel ein paar ausgerupfte Haare dieses Tiers ins Labor, und nach ein paar Tagen kommt das Resultat zurück. Der neue Gentest fördere die Hornloszucht, sagt Carl Brandenburger von der landwirtschaftlichen Schule auf dem bündnerischen Plantahof: «Viele Bauern, die Zuchttiere verkaufen wollen, nutzen diesen Test heute. Er wird auch immer billiger, sodass man ihn sich leisten kann. Vor allem wird er auf der männlichen Seite bei Zuchtstieren benutzt.»

Je nach Rasse sind die Hornlos-Zuchttiere in der Schweiz heute unterschiedlich zahlreich. So gibt es beim Schweizer Braunvieh praktisch noch gar keine hornlosen Zuchtstiere, während sie bei den Simmentaler Fleischrindern schon über 90 Prozent ausmachen (Genaueres dazu vgl. Bildergalerie).

Gefahr der Inzucht

Die heutigen Hornlos-Zuchttiere scheinen auch gleich fit zu sein wie ihre Artgenossen mit dem normalen Erbgut. Das bestätigt neben Carl Brandenburger auch Anet Spengler vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau FiBL. Hingegen müssten die Züchter aufpassen, dass sie mit den vergleichsweise wenigen natürlich hornlosen Zuchttieren keine Inzucht fördern, was zu Erbfehlern beim Nachwuchs führen würde, mahnen die Rinderzuchtfachleute.

Um hornlose Kühe zu züchten, braucht es also Geduld, Gentest hin oder her. Doch bis einzelne Rassen vollständig hornlos sind, könnte es schneller gehen als man denkt. Das Merkmal der Hornlosigkeit wird nämlich dominant vererbt. Das heisst: Es ist einfacher, einer Schar von Kühen die Hörner wegzuzüchten als umgekehrt einer Mehrheit von hornlosen Tieren die Hörner wieder zurückzuzüchten.

Auch wird zumindest in den USA bereits an einer weiteren Methode für hornlose Kühe geforscht; das Erbgut der Kühe wird dabei aktiv verändert mit Hilfe einer neuen Gentechnik (Crispr). Solche Genmanipulationen sind in der Schweiz verboten.

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