Wenn wir ein Paket aus Bern nach Sydney schicken, ist das keine grosse Sache. Über den reibungslosen Verkehr von Brief- und Paketpost machen wir uns heute kaum Gedanken – er funktioniert einfach. Unter anderem, weil der Weltpostverein mit Sitz in Bern und die Internationale Fernmeldeunion mit Sitz in Genf sich um internationale Standards kümmern.
Ein Kabel ist nicht genug
Was langweilig klingt, ist wichtig im Hintergrund. Das war auch im Jahr 1865 ausschlaggebend für die Gründung der Internationalen Fernmeldeunion, die damals noch Telegraphenunion hiess. Man hatte zwar endlich ein Kabel, das Europa und Amerika miteinander verbindet – das erste Unterseekabel – und die schnelle Übermittlung von Telegrammen zwischen den Kontinenten war plötzlich Realität. Doch es gab eine grosse Einschränkung: Jedes Land hatte seine eigenen Telegraphenstandards.
Wurde damals ein Telegramm von Paris nach New York geschickt, lief dies via Irland und musste schon bis dort mehrere Landesgrenzen überqueren. Jedes Mal wurde die Übertragung angehalten und in die länderspezifischen Codes übertragen. Eine zeitraubende Arbeit. Damit endlich alle den gleichen Code benutzten, brauchte es mehrere grosse, internationale Konferenzen. Und eine feste Institution, die sich laufend darum kümmert. Die internationale Telegraphenunion wurde in der Schweiz angesiedelt, es begann die Zeit der sogenannten «Berner Ämter».
Pensionsgeld für Bundesräte
Der noch junge Bundesstaat hat sich sehr aktiv um solche Organisationen bemüht. Der Historiker Sacha Zala ist Direktor der Forschungsstelle der Diplomatischen Dokumente der Schweiz. Er kennt die offiziellen Dokumente aus dieser Zeit sehr gut – und auch die inoffizielle Seite. «Bundesräte waren im 19. Jahrhundert schlecht bezahlt. Wenn sie pensioniert wurden, drehten sie oft eine Ehrenrunde als Direktoren in einem internationalen Amt in Bern, weil diese Stellen sehr gut bezahlt waren», erzählt Zala schmunzelnd.
Weltzentrum der internationalen Politik
Weitere Organisationen wurden in der Schweiz angesiedelt oder gegründet und erhöhten die internationale Sichtbarkeit des Landes. 1863 rief Henry Dunant in seiner Heimatstadt Genf den Vorläufer des IKRK (Internationales Komitee vom Roten Kreuz) ins Leben. «Das gewinnt sehr rasch grosse internationale Strahlkraft» so Sacha Zala.
Dieser internationale Ruf und die Neutralität der Schweiz führten schliesslich dazu, dass der Völkerbund – die Vorläuferorganisation der Uno – sich nach dem Ersten Weltkrieg in Genf niederliess. Die Schweiz war damit praktisch im Zenit ihrer internationalen politischen Strahlkraft. «Die Schweiz hat sich mit dem Sitz des Völkerbunds als Weltzentrum der internationalen Politik profilieren können» ergänzt Zala.
Die Uno wurde nach dem Zweiten Weltkrieg dann zwar mit Hauptsitz in New York gegründet. Geblieben sind der Schweiz aber zahlreiche Organisationen von internationaler Bedeutung. So auch die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die bereits 1919 in Genf gegründet wurde und sich weltweit für bessere Arbeitsbedingungen einsetzt. Oder das UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) mit Sitz in Genf, das sich weltweit für Flüchtlinge und Vertriebene engagiert.
Die Schweiz hat damit wieder mehr zum stillen Schaffen im Hintergrund zurückgefunden, abseits der grossen politischen Bühne, wie sie der Völkerbund in der Zwischenkriegszeit geboten hatte.
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