Kraken haben üblicherweise Arme. Die beiden Exemplare, die Aurel Neff im Blick hat, kommen dagegen auf vier Rädern daher. Gemächlich zockeln sie über ein Karottenfeld in der Nähe von Trüttlikon im Thurgau. Es sind neuartige Agrarroboter – merkwürdige rollende Metallgerüste, bei denen sich nicht erschliesst, was sie da eigentlich machen.
Mitentwickler Neff weiss es natürlich: «Die sind fleissig am Jäten.» Doch hier wird nicht gezupft und auch nichts gespritzt. Die Kraken rücken den Unkräutern im Karottenschlag mit Laserstrahlen zu Leibe. Nur sieht man die Lichtpulse nicht! Alles spielt sich hinter blickdichten Sicherheitsschürzen am Chassis der Maschinen ab.
Laserlicht statt Chemie
Die autonom operierenden Gefährte stammen von der Firma Caterra in Opfikon, einem Spin-Off der ETH Zürich. Noch sind es Prototypen. Doch Aurel Neff hofft, dass sie schon bald die Unkrautbekämpfung im Gemüseanbau erledigen. Vor allem in Biobetrieben werde mühsam und teuer von Hand gejätet. «In Karotten ist das 20 bis 50 Prozent des Produktionspreises», weiss der Mitgründer von Caterra.
Das zweite gewichtige Argument, das für die Kraken mit den Laserkanonen spricht: Sie kommen ohne chemische Spritzmittel aus. Auch deshalb ist das Interesse der Bauern an der Technologie offenbar gross. Laut Neff gibt es bisher erst vier Roboter – aber über 70 Landwirte auf einer Warteliste des Unternehmens: «Wir werden nächstes Jahr zehn bis 20 Maschinen bei Schweizer Bauern einsetzen und noch viel mehr 2026.»
Internationaler Trend
In Kalifornien laufen ganz ähnliche Entwicklungen, ebenso in Deutschland. Dort startete schon Anfang 2019 ein sogenannter agrarwissenschaftlicher Exzellenzcluster namens «Phenorob» – ebenfalls mit dem Ziel, Laserroboter für die Unkrautkontrolle zu entwickeln. Beteiligte Forscher haben die Firma Escarda Technologies in Berlin gegründet. Sie vermarkten noch keine autonomen Roboter, aber immerhin schon mal Unkrautbrenner, die Landwirte an ihre Traktoren hängen können.
Ich denke, dass sich diese Roboter in den nächsten zehn Jahren durchsetzen werden.
«Eine Box so gross wie ein Handgepäck-Trolleykoffer», so beschreibt Cyrill Stachniss den Apparat, Professor für Robotik an der Universität Bonn. Drinnen sitze ein Laser, dessen Strahl auf den Stiel der Unkräuter im Feld gelenkt werde und sie förmlich wegbrenne. «Wir können das heute in Echtzeit in wenigen Millisekunden und mit sehr hoher Präzision», sagt der Co-Projektleiter.
Jäten zu jeder Tageszeit, bei jedem Wetter
In den USA zögen Traktoren bereits die ersten solchen Laser-Trolleys über den Acker, mit ganz normaler Fahrgeschwindigkeit, wie Stachniss betont: «Wir haben im Moment eher Grosskunden, die Riesenfelder haben und sich diese Systeme kaufen.» Fürs erste seien sie noch ziemlich teuer.
Für Aurel Neff ist aber der autarke Jätroboter das Nonplusultra und Entwicklungsziel. Der arbeite völlig eigenständig und wenn gewünscht auch nachts oder auf nassen, schweren Böden, die mit dem Traktor nicht befahrbar seien. Deshalb ist der Opfikoner Ingenieur auch ganz zuversichtlich: «Ich denke, dass sich diese Roboter in den nächsten zehn Jahren durchsetzen werden.»