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Putzaktion im All Mit Lasern gegen Weltraumschrott

Satelliten sind immer stärker gefährdet durch Weltraumschrott. Gezielte Laserstrahlen von der Erde aus könnten eine Lösung sein.

Weltraumschrott kann winzig sein, doch er ist auch dann keineswegs harmlos. Denn ein winziges Teilchen wird zum Geschoss, wenn es mit zehntausend Stundenkilometern Geschwindigkeit auf einen Satelliten trifft. Im schlimmsten Fall wird der Satellit in Stücke gerissen, worauf noch mehr Schrott im Orbit kreist.

Um dies zu verhindern, müssen Satelliten schon heute Ausweichmanöver fliegen, sagt Tim Flohrer, der bei der Europäischen Weltraumbehörde ESA das Büro für Weltraumschrott leitet: «Jeder unserer Satelliten fliegt pro Jahr ein bis zwei solche Manöver, und es werden laufend mehr.»

Neue Laser-Anlage auf Teneriffa

Die ESA hat nun auf der spanischen Atlantikinsel Teneriffa eine neue Laser-Station in Betrieb genommen. Hier wird erforscht, wie man das Problem mit Lasern von der Erde aus entschärfen könnte. Bisher dienen solche Laser-Anlagen dazu, den Abstand der Satelliten von der Erdoberfläche so genau wie möglich zu messen.

Die Laserstation auf dem Berg Izaña in Teneriffa.
Legende: Die Laserstation auf dem Berg Izaña in Teneriffa. European Space Agency (ESA)

«Wir wenden diese Distanzmessung jetzt bald auch auf Schrottobjekte an», sagt Flohrer, «das ist wirklich neu». Obwohl die Teilchen mehr als 400 Kilometer über unseren Köpfen um die Erde rasen, gelingt es mit den Lasern den Abstand zur Erde auf bis zu zehn Zentimeter zu messen.

Laser soll Schrottteile umlenken

Je genauer man weiss, wie eng zwei Objekte aneinander vorbeifliegen werden, desto öfter lassen sich künftig die aufwendigen Ausweichmanöver der Satelliten vermeiden. Die Forscherinnen und Forscher wollen die Anlage in Teneriffa aber auch nutzen, um den Schrottteilchen mit dem Laser einen kleinen Impuls zu geben. «Damit haben wir die Möglichkeit, die Bahnen dieser Fragmente zu verändern», sagt Tim Flohrer.

In einem letzten Schritt wollen die Wissenschaftler sogar versuchen, die Schrottteilchen abzubremsen und zum Absinken zu bringen, sodass der Schrott in der Erdatmosphäre verglüht. Dazu wollen sie den Laserstrahlen flach über die Erde auf entgegenkommende Schrottteilchen richten. «Wir haben erste Vorstudien dazu gemacht und wir denken, dass das in der Tat möglich ist.»

Gefährlich für Flugzeuge

Nicht so optimistisch sieht das Thomas Schildknecht, Vizedirektor des Astronomischen Institutes der Universität Bern. «Um kleinen Weltraumschrott vom Himmel zu holen, müsste man 1000-mal stärkere Laser einsetzen, als wir heute verwenden», sagt Schildknecht. Er arbeitet im Observatorium Zimmerwald bei Bern und hat viel Erfahrung mit Laser-Distanzmessungen.

Es sei schwierig, durch die Turbulenzen der Atmosphäre auf so weite Distanz zu zielen und schliesslich bestehe die Gefahr, Piloten zu blenden. «Schon heute müssen wir schauen, dass wir mit unserem Laserstrahl auf keinen Fall in die Nähe eines Flugzeuges kommen», sagt Schildknecht.

Schon heute müssen wir schauen, dass wir mit unserem Laserstrahl auf keinen Fall in die Nähe eines Flugzeuges kommen.
Autor: Thomas Schildknecht Vizedirektor des Astronomischen Institutes der Universität Bern

Trotz all dieser Einschränkungen hält auch er die Idee, die Laser vermehrt gegen Weltraumschrott einzusetzen, für gut. «Es ist allerhöchste Zeit mehr gegen den Weltraumschrott zu unternehmen», sagt er, «sonst sind bestimmte Flughöhen bald so vermüllt, dass wir sie nicht mehr brauchen können.»

 

Wissenschaftsmagazin, 19.03.2022, 12:40 Uhr

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